Es war vieles zusammengekommen und niemand der dafür Verantwortlichen hatte sich den Entschluss leicht gemacht: Die jüngste von 14 Kirchengemeinden des Bezirks Tübingen (1991 entstanden) erlebt nach nur rd. 20 Jahren schon ihr Ende.
Ende Februar fand der letzte neuapostolische Gottesdienst statt. In einem Gemeindeabend zuvor hatte Apostel Wolfgang Bott den Glaubensgeschwistern dort erläutert, dass und warum dieser harte Schnitt stattfinden muss: Die Gemeinde Neustetten-Remmingsheim wird mit der von Rottenburg zu einer zusammengelegt. Dem Bestreben der Neuapostolischen Kirche, lebendige Gemeinden mit Angeboten für jede Altersgruppe zu haben, konnte aufgrund des demografischen Wandels nicht mehr nachgekommen werden. Trotz aller Mühe, die sich die verbliebenen Gemeindemitglieder gegeben haben und für die sie Anerkennung und Respekt verdienen.
Ein trüber Tag, dieser 26.02.2012. Dementsprechende Stimmung - nein. Nachdenklich, aber nicht traurig. Trotzdem, die musikalische Aufforderung der Organistin kurz vor Beginn des Gottesdienstes. „Lasst die Herzen immer fröhlich…“ (Neuap. Gb. Nr.242) konnte nicht schaden, denn, wohin auch immer man geht, wie die äußeren Umstände auch sind, man nimmt sich selbst mit und da kann ein fröhliches Herz viel dazu beitragen, dass alles nicht so schwerfällt.
Der stellvertretende Leiter des Bezirks Tübingen, Ulrich Güttler, dem die nicht einfache Aufgabe zugekommen war, diesen Gottesdienst zu halten, ging auf die besondere Situation der Glaubensgeschwister ein. Er hatte, wie wir es vom Märchen her kennen, sortiert. Das Gute aufheben ( …ins Töpfchen …), das Schlechte (…ins Kröpfchen…) hinter sich lassen. Fangen wir abweichend von der Chronologie des Gottesdienstes mit dem weniger Schönen an, das sich mit einem Kirchengebäude in der Erinnerung verbinden kann. Nämlich auch mal Enttäuschungen erleben, sich nicht verstanden fühlen. Das kann man, wenn etwas Neues kommt, leichter hinter sich lassen. Und mitnehmen? Die guten und schönen Erlebnisse, die Liebe, die man im Herzen trägt, die Zuversicht auf Christi Wiederkunft, Glauben, Treue, Opferbereitschaft, die sich in der Vergangenheit bewährt haben. Und dies auch im neuen Umfeld beibehalten, wenn man es denn will. „Bringt das ein in die neue Gemeinde, lasst euch vertrauensvoll in die Hand Gottes fallen!“, endete Ulrich Güttler, bevor die beiden Priester der Gemeinde, zum letzten Mal dort, nacheinander an den Altar traten. Der eine wies auf die neue Perspektive hin, die Gott dem Menschen mit der Geburt seines Sohns und dessen Opfertod gegeben hat. Der andere, daran anknüpfend: „Egal, ob hier oder woanders, wichtig ist, dass wir die Wiederkunft Christi im Herzen haben. Lebensbejahend das Positive in die neue Umgebung mitnehmen, bis wir in der Ewigkeit in ein ganz neues `Gebäude` kommen.“
Im Schlussgebet überließ Ulrich Güttler das Kirchengebäude, das nun keine Offenbarungsstätte Gottes mehr ist, seiner weiteren Bestimmung, wie auch immer diese sein mag. Zuvor hatte er darum gebeten, dass die Gemeindemitglieder in Frieden, mit Gottvertrauen und himmlischem Segen ziehen mögen. „Lass deine Gnade mit den Geschwistern sein!“ Der gemischte Chor wusste die passende Antwort: „So will ich mit dir wandern dir treu in Herz und Sinn, von einem Tag zum andern, bis ich zu Hause bin!“ (aus dem neuap. Chorliederbuch Nr. 100, Text Hermann Ober). Und wenn man aufmerksam nach draußen sah - es zeigte sich am Himmel trotz des trüben Tages das eine oder andere Hoffnung machende Lichtloch.
Zum Gottesdienst waren auch Glaubensgeschwister aus anderen Gemeinden gekommen, die sich mit den Remmingsheimern verbunden fühlen. Letztere dankten es, noch einmal an „alter“ Stätte, mit viel Gastfreundschaft, denn es gab einen improvisierten „Ständerling“. Und mal wieder bewährte es sich: Geteiltes Leid ist nur noch halbes…höchstens!