„…Zeit zum Danken nehmen…“ war Bischof Georg Kaltschmitt, der an einem wahrhaft goldenen Oktobersonntag den Gottesdienst in Herrenberg leitete, schon im Eingangsgebet ein ganz besonderes Bedürfnis.
In Herrenberg eingeladen waren die Mitglieder aller im Gäu gelegenen Kirchengemeinden.
„Denn was der Mensch sät, wird er ernten.“ (aus Gal 6,7) lautete das Textwort. Erntedankfest – Ernte und Dank. Erstere das Bild des vollen Genusses. Dieses dargestellt auch mit der Altardekoration: viele Brote, Ähren, Weintrauben…Nein, kein Mensch müsste hungern, wenn es nicht Probleme bei der Verteilung der guten Gaben gäbe. Gott hat alles in Überfülle bereitgestellt. So viel erstmal zur Ernte. Und Dank - fällt leicht, wenn der Mensch das sieht und wertschätzt, was er alles haben darf. Kein „danke“ als Floskel, weil man die Regeln des guten Benehmens einhalten will, oder meint, eine Erwartungshaltung befriedigen zu müssen. „Es ist etwas Wunderschönes, in Wort und Tat, sowohl den Menschen als auch Gott gegenüber Dank auszudrücken, sich dafür Zeit zu nehmen und dafür, überhaupt wahrzunehmen, was einem alles geschenkt wird“, so G. Kaltschmitt. Und noch einmal zur Ernte: „Eine Grundregel der Schöpfung sind Aussaat und Ernte. Das ist so im Irdischen wie im Geistigen, qualitativ und quantitativ. Der jeweilige Samen bringt ganz bestimmte Früchte. Und Ernte führt zur Vermehrung, das gilt für Gutes wie Böses. Das Aussäen ist Sache des Menschen, die Ernte muss er nehmen, wann sie kommt und wie sie kommt.“ Die Aussaat muss im Glauben geschehen. Dabei darf die Liebe ebenso wenig fehlen wie die Hoffnung, dass es zur Frucht kommen wird. „Die größte Ernte wird aber sein, wenn der Sohn Gottes die Seinen in die Herrlichkeit des Vaters führen wird. Diese Ernte, die auch abhängig ist von unserem Tun heute, wollen wir im Blick behalten. Und so, wie Gott im Natürlichen die Aussaat des Menschen mit Wind, Sonne und Regen segnet, wird er uns auch für die im Geistigen seinen Segen geben. Das soll und kann uns mit Freude erfüllen, die wir heute mitnehmen.“
Der stellvertretende Leiter des Bezirks Tübingen, Werner Lampprecht, verdeutlichte in seinem Beitrag, dass, wer ernten will, auch Verzicht üben muss. „Das Korn, das verzehrt wird, kann nicht mehr als Samen zur Ernte beitragen.“ Vor der Feier des heiligen Abendmahls wies Bischof Kaltschmitt auf die eine Ausnahme vom Gesetz „Aussaat und Ernte“ hin: Gottes Gnade. Die nicht vom Himmel gefallen ist. Jesus` Opfertod hat sie ermöglicht. Der Sohn Gottes hat für uns die Aussaat gemacht und wir - dürfen ernten. Der Mensch hat zur Gnade Gottes nichts beigetragen. Das soll uns mit freudiger, seliger Dankbarkeit erfüllen.
Der gemischte Chor und der Kinderchor hatten musikalisch den Dank für und die Freude über diesen besonderen Tag zum Ausdruck gebracht. Die jungen Sänger/innen griffen in ihrem letzten Beitrag einen Gedanken vom Beginn des Gottesdienstes auf - bei aller Fülle, die Gott gibt, werden in vielen Teilen der Erde die Menschen nicht satt, müssen gar verhungern.
„Wir bitten dich, Gott, um Wasser und Brot,
dort wo Hungersnot herrscht und die Menschen bedroht“,
hieß es im Lied der Kinder, ernsthaft bei aller Erntedankfröhlichkeit vorgetragen und nicht nur das Herz des Bischofs berührend. Er ging mit sichtbarer Freude, es war ihm ein sehr wichtiges Anliegen, mit gutem Beispiel zum Thema Dankbarkeit voran. G. Kaltschmitt verabschiedete sich ganz persönlich von jedem einzelnen der Sänger/innen mit einem Händedruck.