Exakt um 17.10 Uhr trafen die beiden Busse, deren Abfahrt am Freitagmittag gewesen war, wieder ein.
An Bord alle 90 Teilnehmer, die zwei Tage zuvor frohgemut losgefahren waren. In dem Fall nicht selbstverständlich, denn es gab zwei, deren Gesundheit angeschlagen war: Ein Mädchen, schon verletzt mitgefahren, aber sie wollte unbedingt dabei sein, musste in München ins Krankenhaus, wurde aber rechtzeitig zur Abfahrt reisetauglich zum Bus gebracht. Und einer der einsatzfreudigen Fußballspieler hatte sicherlich eine Gehirnerschütterung erlitten, als er einen Ball aus kurzer Entfernung ins Gesicht geschossen bekam. Die Rückfahrt, auch wenn es die Alb hinunter ging, dauerte erheblich länger als die Hinfahrt. Lag zum einen am zu erwartenden Rückreiseverkehr – Gründe: Ein durch einen Feiertag verlängertes Wochenende und die Pfingstferien in Baden-Württemberg gingen zu Ende. Und außerdem musste der Bus zwischendurch noch einmal halten für bestimmte Bedürfnisse. Bei der Gelegenheit entdeckte man, dass an der Raststätte aus Hack bestehende durchaus zum Verzehr geeignete Produkte verkauft wurden, so dass sich der Aufenthalt doch in die Länge zog. Alle waren bei der Rückkehr ziemlich müde, so viele Erlebnisse, so wache Nächte in der Jugendherberge, aber dennoch oder vielleicht gerade deshalb: Der Jugendtag wurde mit „übelgut“ kommentiert (entspricht vermutlich in „Altdeutsch“ der Steigerung von gut, bei der auf ein weibliches Borstentier Bezug genommen wird).
Insgesamt waren aus dem Kirchenbezirk Tübingen etwa 130 Personen nach München gefahren, Jugendliche, Bezirks- und Gemeindevorsteher, Betreuer und Berichterstatter. Hinter allen lag ein wunderschönes Wochenende, von dem nachfolgend, abgesehen von der ausführlichen Fußballberichterstattung an anderer Stelle, hier ein paar Impressionen von Teilnehmern aus dem Bezirk Tübingen wiedergegeben werden sollen:
Eröffnung am Samstag, 25.06., 11 Uhr
Ganz wörtlich zu nehmen: Mit Pauken und Trompeten ging es musikalisch lautstark los, ehe auch die Tuba es wagte, sich einzumischen. Kirchenpräsident und Bezirksapostel Michael Ehrich sprach ein „Herzliches Willkommen“ und freute sich besonders über die Jugendlichen des Konfirmandenjahrgangs 2011, die zum ersten Mal an einer solchen Veranstaltung teilnahmen und von den „Großen“ gleich so in die Mitte genommen worden waren, als wären sie schon immer dabei gewesen. Stadtrat Hans Dieter Kaplan begrüßte die Teilnehmer namens der Stadt München und überbrachte die Wünsche für ein gutes Gelingen des Jugendtags vom Oberbürgermeister. H. D. Kaplan wies auf die Besonderheiten Münchens hin, das Oktoberfest, die Bewerbung für die Winterolympiade, die Innenstadt als „gute Stube“ und den Fußball… Leichte Unmutsäußerungen im Publikum veranlassten den Redner, darauf hinzuweisen, dass es in München zwei Bundesligamannschaften gibt, der Besänftigungseffekt war nicht ganz groß. Im Namen aller Münchner wünschte H. D. Kaplan abschließend den Teilnehmern viel Spaß und dass der Jugendtag Gemeinschaft stiften möge. Die sei wichtig, das wisse er aufgrund der Erfahrungen in einer Metropole wie München, die die unterschiedlichsten Einwohner habe und trotzdem als Gemeinwesen funktionieren müsse.
Idee des mehrtägigen Kirchentags ist, sich gegenseitig kennen zu lernen, den anderen in seinem Anderssein verstehen, hieß es u. a. in M. Ehrichs Ansprache. Dazu gehört, niemanden auszugrenzen und so war es auch: Hautfarbe, Behinderungen, unterschiedliche Dialekte und Herkunft – es spielte alles keine Rolle, alles andere wäre auch schlimm gewesen. Es ging schließlich um gelebte Gemeinschaft mit Gott und untereinander unter dem Motto: “Dich, Gott, loben wir.“
Tosender Beifall, La-Ola-Wellen begleiteten die Worte M. Ehrichs, als er endlich das sagte, worauf alle sehnlichst gewartet hatten: „Ich erkläre den Jugendtag der Gebietskirche Süddeutschland für eröffnet!“
Zwei Glaubensschwestern in bairischer Tracht übernahmen die Moderation des folgenden Programms, die eine Münchnerin, die andere ein Export aus Württemberg (Nagold) in die bayrische Landeshauptstadt. Es traten die „Hörsturzbuabn“ auf, eine bairische Volkstanzgruppe aus dem Allgäu, natürlich auch in Tracht gekleidet. Sie brachten das Publikum vor Begeisterung zum Toben, obgleich man denken könnte, dass die Art ihrer Musik bei Jugendlichen zu Beginn des 21. Jh…nein, offensichtlich ist Volksmusik immer noch beliebt. Apostel Wolfgang Zenker, Bereich München, gesellte sich zu den Musikanten auf die Bühne und mischte mit einem Spaghettilöffel, geschlagen auf den Arm (wer zählt die vielen blauen Flecken?), kräftig mit. Initiiert von den Mitgliedern des Ansingchors bildeten sich unten im „Parterre“ Schlangen, die Polonaise durchs Publikum tanzten. Von den Rängen wurde heruntergeturnt, man konnte die Völker verbindende Wirkung von Musik erleben, denn nun hielt es die Meisten, egal, ob Baiern, Franken, Schwaben, Badener…nicht mehr auf den Plätzen. Bevor sich „Arme, Beine, Schwänze, Köpfe“ der tanzenden Schlangen unentwirrbar miteinander verheddern konnten, endete die Musik, sonst wäre der weitere Programmablauf gefährdet gewesen. Ein gemeinsam von allen gesungenes Lied „Herr, wir bitten, komm segne uns…“ folgte. Es wurde auch noch gerockt – ein Auftritt des Ansingchors, bestehend aus Mitgliedern der Bereiche Heilbronn und Tübingen, beendete die Auftaktveranstaltung.
Vom Abschluss des Jugendtags, dem
Gottesdienst am Sonntag, 26.06., 10 Uhr in der Olympiahalle
nur ein Gedanke und Denkanstoß:
In heutiger Zeit, in der es in unseren Breiten ein grundgesetzlich garantiertes Recht auf freie Religionsausübung gibt, gibt es zwar keine äußere Bedrängnis, aber viele Bedrängnisse:
Zeitdruck - und trotzdem: Zeit ist ein Geschenk Gottes, nimm dir Zeit für deinen Glauben, denk nicht…und jetzt ist auch noch Gottesdienst…
Die Ortsgemeinde - ist mehr als eine organisatorische Zusammenfassung von Personen, jede/r soll sich angenommen fühlen…nimm dir Zeit für deine Gemeinde.
Die Anrede untereinander „Bruder, Schwester“ ist keine Floskel; geht so miteinander auch tatsächlich um. Natürlich kann es Meinungsverschiedenheiten geben, aber lass die Arbeit in deiner Gemeinde nicht auf wenigen Schultern ruhen.
„Gott kann Zeit segnen, setze Gott als Ersten auf deinen Zeitplan!“
Zum Schluss drückte M. Ehrich, der den Gottesdienst geleitet hatte, das Empfinden der Teilnehmer, die dem Jugendalter schon etwas bis ziemlich entwachsen waren, aus:
„Wir alle haben Lust, mit euch Jugendlichen noch ein paar Tage weiterzufeiern. Ihr habt uns `ältere Herren` (ergänzt: und Damen) mit eurem Schwung begeistert. Ihr seid uns eine große Hilfe, innerlich jung zu bleiben!“
Blasorchester und Chor sorgten gemeinsam für den musikalischen Ausklang. In einem Potpourri waren Assoziationen an „The Last Night of the Proms” neben vielem anderen Bekanntem und Unbekanntem zu erkennen: Das hatte den reichlichen Beifall und jede La-Ola-Welle wirklich verdient.