Bei strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen feierten rund 50.000 neuapostolische Christen aus vielen Teilen der Erde drei Tage lang über Pfingsten mit Begeisterung ihren Glauben.
Den ersten Internationalen Kirchentag im Münchner Olympiapark besuchten auch einige Hundert Kirchenmitglieder aus dem Kirchenbezirk Nagold.
Freudig, fröhlich und entspannt war die Stimmung bei den rund 250 verschiedenen Veranstaltungen, darunter Vorträge, Workshops, Musicals, Bühnenstücke, Ausstellungen, Podiumsdiskussionen, Andachten und viele Konzerte.
Eine ganz besondere Stimmung herrschte in der Werner-von-Linde-Halle. Hier drehte sich alles um das Thema „Leben mit Behinderung“. Die Glaubensgeschwister mit Handicap und viele Helfer präsentierten ein eindrucksvolles Programm. Mit den Möglichkeiten der Selbsterfahrung, interessanten Vorträgen und einer lehrreichenen Podiumsdiskussion, gelang es ihnen, die IKT-Besucher zu sensibilisieren und Verständnis für Menschen mit motorischen, sensorischen oder kognitiven Einschränkungen zu erreichen.
Mit von der Partie war die 23-jährige Carina Koch aus der Gemeinde Nagold. Carina Koch hat Trisomie 21, das sog. Down-Syndrom. Zusammen mit ihren Eltern Heike und Thomas Koch beteiligte sie sich mit einer Glücksrad-Tombola und tausend Preisen am Stand „Leben mit Behinderung“. Ihr Standmotto lautete: Wo es Liebe regnet wünscht sich keiner einen Schirm. Mit ihrer begeisternden und gewinnenden Art gewann sie schnell die Herzen der Besucher und überreichte freudig die Preise. Verlierer gab es hier keine, aber viele Gewinner.
Der gesamte Messestand „Leben mit Behinderung“ ist als Ausstellung zum „Anfassen und Erleben“ konzipiert, erläuterte die Standleiterin Nadine Metlitzky. Die Besucher konnten in verschiedenen Simulationen das „behindert sein“ ganz persönlich erfahren, z. B beim Rollstuhlparcours oder der Simulation von Seh- und Höreinschränkungen mit Filtern und Simulationsbrillen, oder beim „blinden Gehen“ über eine Hindernisstrecke mit Hilfe des Führstocks. Dieser Perspektivwechsel war für viele eine sehr eindrucksvolle Erfahrung. Die Aktion war als eine gebietskirchenübergreifende Veranstaltung von mehreren Gebietskirchen organisiert worden.
Ein lebendiger und lehrreicher Vortrag von Moni Frobel, Udo Rühmkorff und Wolfgang Bethke zeigte Wege zur Inklusion in der Kirchengemeinde auf. Die gebietsübergreifende Fachgruppe stellte unter dem Motto „Alle gehören dazu – immer und überall“ Beispiele und Möglichkeiten vor, wie Inklusion in der kirchlichen Lebenspraxis erfolgreich umgesetzt und gelebt werden kann. Sehr anschaulich wurde dies durch den Vortrag eines gehbehinderten Priesters, der über die Hilfestellung in seiner Gemeinde, u.a. den behindertengerechten Umbau des Altars berichtete, was ihm die Ausübung seiner Amtstätigkeit trotz seiner Behinderung ermöglicht.
Bei der Podiumsdiskussion unter dem Titel „Leben mit Behinderung – na und?“ gaben die Teilnehmer, teils mit schwersten Behinderungen, persönliche Einblicke in ihr Leben und erläuterten ihre Erfahrungen, die sie im Umgang mit ihrer Behinderung im Alltag und in ihren Gemeinden machen. Stammapostel i. R. Wilhelm Leber hatte auf Einladung von Carina Koch die Schirmherrschaft übernommen und eröffnete die Diskussion mit sehr einfühlsamen Worten. Der Titel „Leben mit Behinderung – na und?“ wolle das Thema nicht bagatellisieren, sondern sei die Aufforderung, mehr auf die Bedürfnisse des Anderen einzugehen. Am Beispiel des blinden Bartimäus aus der Bibel, dem Jesus mit den Worten begegnete: „Was soll ich für dich tun?“ forderte er dazu auf, auf Menschen mit Behinderung zuzugehen und Hilfestellung anzubieten. „Behinderung darf kein trennendes Element sein!“
Auch Carina aus Nagold berichtete über ihre positiven Erfahrungen zur Inklusion mit ihrer Gemeinde, z.B. dass sie über viele Jahre im Kinderchor mitgesungen und im Jahr 2012 die Bibellesung an Weihnachten übernommen hat. Ihre persönlichen Wünsche formulierte Carina so. „Immer und überall dabei sein zu können, mittendrin und nicht nur dabei“. Behindert sein ist völlig normal war eine der zentralen Aussagen des Podiums und so wünschten sich die Teilnehmer auch die Begegnung mit ihren Mitmenschen, eben völlig normal und unbefangen. „Kommunikation ist alles“. Daraus erwächst auch die Möglichkeit die sehr erwünschte Hilfestellung in verschiedensten Alltagssituationen anzubringen. Die Podiumsteilnehmer berichteten dem teils sehr betroffenen Publikum eindrücklich, was es bedeutet, im Alltag mit einer Behinderung zu leben und mit den Einschränkungen klar kommen zu müssen Die Zuhörer waren sehr dankbar für die Ratschläge aus dem Leben der Betroffenen, die sie ermutigten, sie anzusprechen („traut euch!“) und als Menschen nicht über ihre Behinderung zu definieren. „Es ist normal verschieden zu sein“, brachte es einer der Diskutanten nochmals auf den Punkt. Die Diskussion wurde sehr sympathisch und professionell von Tobias Keye geleitet.