Ein Priester im Ruhestand und seine Ehefrau empfangen den Segen zu ihrer Diamantenen Hochzeit.
„Wenn mit Sorgen wir beladen, niemand unser Weh versteht,
wenden wir uns hin zu Jesu, suchen Zuflucht im Gebet.“
(aus Vers 3, Gb. der Neuap. Kirche Lied Nr. 237, Text Joseph Seriven, 1820 – 1855)
Zuflucht im Gebet und im Gottesdienst haben zu dürfen – dafür dankte der Bischof zu Beginn dem Vater im Himmel. Frieden erfahren in Unruhe und Unfrieden, weil Gott uns sicher führt, uns Mut und Kraft schenkt, damit wir das Glaubensziel nicht aus dem Herzen verlieren. In diesen Tagen, in denen Menschen all ihr Hab und Gut, sogar ihr Leben verlieren, möge Gott nicht zulassen, dass der Hass regiert.
„Wir haben uns alle miteinander auf den Sonntag gefreut, gerade durch die besondere Situation dieser Tage. Stille und Sicherheit mögen wir verspüren: Gott hat uns nicht vergessen.“ Wir fühlen uns ohnmächtig angesichts der Bilder, die vom Kriegsgeschehen in Europa hier ankommen. Aber Gott ist allmächtig. Gebete können seine Hilfe bewirken. Auch wenn davon – scheinbar – nach außen nichts sichtbar wird. Womit Urs Heiniger zum Bibelwort für den Gottesdienst überleitete: „Dies ist gut und wohlgefällig vor Gott, unserm Heiland, welcher will, dass alle Menschen gerettet werden und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gegeben hat als Lösegeld für alle, als sein Zeugnis zur rechten Zeit.“ (1. Tim 2, 3 – 6).
Gott will, dass alle Menschen von Hass und Unruhe befreit werden. Alle sollen zur Erkenntnis der Wahrheit kommen: Er kann Großes bewirken. Das hilft, innerlich ruhig zu werden und Platz für das Wirken des Heiligen Geistes zu haben. Der Schreiber des Briefs an Timotheus, Paulus, sorgte sich, weil es Unfrieden untereinander gab. Man hielt die eigene Sicht der Dinge für die allein richtige. Das ist aber nicht Jesus` Sicht, denn alle Menschen sollen Heil erlangen können, alle ohne Ausnahme. „Jesus hat sich selbst gegeben … für alle, …“ Viele fragen gerade in unseren Zeiten, ja, wo ist Gott denn? Nein, er ist nicht „im Himmel“ geblieben. Sein Sohn kam als Mensch, und war Mensch unter Menschen, war für alle da, Gerechte wie Ungerechte, Juden wie Nichtjuden. (vgl. Mt 5, 45). Er machte keine Unterschiede: Wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein. (vgl. Joh 8, 7). Er wandte sich Zachäus zu, dem korrupten Zöllner, der sein Amt zu eigenen Gunsten missbraucht hatte (vgl. Lk 19, 1 ff), weil er auf dessen Herz sah, mit seinem Bestreben: Ich möchte auch gern anders werden. Am Kreuz versprach Christus dem Verbrecher, dass auch der ein Stück Himmel sehen werde (vgl. Lk 23, 43). Urs Heiniger stimmte so auf den bevorstehenden Gottesdienst am ersten Sonntag im März ein, an dem neuapostolische Christen im Gottesdienst fürbittend für alle unerlöst in die Ewigkeit gegangenen Seelen eintreten werden, weil Gott allen Seelen – im Diesseits wie im Jenseits – helfen will. Gott ist so weit weg? Sein Sohn kam zu den Menschen und zeigte, dass man vorurteilsfrei auf jeden zugehen kann. Nach dessen Tod hatte das ein Ende? Nein. Auch danach war Gott, in Gestalt seines Sohns, bei den Menschen.
Wie kann ich trotz aller Sorgen und Belastungen glücklich sein? Ja, das geht, denn Gott ist da. Das können wir in der Seele wahrnehmen. Entscheidend ist, was in uns ist. Ebenso das, was sich im Nächsten verbirgt. Es ist ein Reichtum, göttliche Liebe zu spüren, und den Frieden, den nur er schenken kann. Den Reichtum, sich nach vorn ausrichten zu können und eine Zukunft zu haben. Was ist wirklich wichtig? Mit der Einstellung kann ich auch Vertrauen zu meinem Nächsten haben und ein lesbarer Brief Christi werden (vgl. 2. Kor 3, 3). Wir strahlen dann etwas aus, was uns den Zugang zu dem Mitmenschen ermöglicht. Hass hat da keinen Raum. Es entwickelt sich eine andere Atmosphäre.
Gott sagt, kommt, zeig meinen Reichtum. Das setzt eigene Glaubensgewissheit voraus. Sie wirkt sich aus in der Familie, in der Gemeinde, im gesamten Umfeld. Sieht es bei uns nicht so aus, können wir auch nichts bewirken. „Lasst uns gemeinsam ausstrahlen: Gott will jedem helfen. Es gibt bei ihm keine Unterschiede.“ Um Gottes Liebe und Glaubensgewissheit zu vermitteln, bedarf es keiner tausend Worte. Aber, es tun, das ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Trotz Rückschlägen dranbleiben. „Wenn es in meiner Seele so aussieht, dann kann ich anderen, hüben wie drüben, eine Hilfe sein.“
Nachdem die Pianistin, die zusammen mit einem Streichquartett den Gottesdienst musikalisch begleitete, das Lied von der „Botschaft voll Erbarmen …“ (Gb Nr. 250, Text Jakob Breiter, 1845 – 1893) gespielt hatte, leitete der Bischof zur Sündenvergebung und Feier des heiligen Abendmahls über: „Lasst uns Gottes Heilsbotschaft weitergeben. Gott schenkt uns Gnade. Wer kann von sich behaupten, darauf nicht angewiesen zu sein. Gott nimmt hinweg, was dem im Weg stehen könnte.“
Danach erklang die Melodie des altvertrauten Lieds „Ich bete an die Macht der Liebe …“ (Gb. Nr. 221, Text Gerhard Tersteegen, 1697 – 1769). Rose und Paul Kutschke kamen nach vorn zum Altar, um den Segen zur Diamantenen Hochzeit gespendet zu bekommen. „Sechzig gemeinsame Jahre, da hat man zusammen alle Höhen und Tiefen des Lebens erlebt und durchlitten.“, begann der Bischof seine Ansprache an die beiden Eheleute. Und wenn die physischen Möglichkeiten altersbedingt nachlassen mögen, die Liebe bleibt. Ihr dürft dankbar sein für die gemeinsame Zeit, dafür, einander und ein gemeinsames Glaubensziel zu haben. Gott möge euch auch weiter Kraft und Hilfe schenken. Der Diamant, er wird geschliffen, damit er seine perfekte Form bekommt. Das ist euch auch geschehen. Nicht zuletzt auch bei der jahrelangen Ausübung des Priesteramts durch den Ehemann, mitgetragen und unterstützt von seiner Frau. „Eure Aufgabe, für die physische Kraft nicht notwendig ist, bleibt, Gottes Liebe, Zuversicht und eine lebendige Hoffnung in der Gemeinde auszustrahlen.“ Im Gebet vor der Spendung des „diamantenen Hochzeitssegens“ bat Urs Heiniger den Vater im Himmel „Sei du nun da!“
Das Schlussgebet war geprägt von der Fürbitte für die Menschheit angesichts drohender Gefahren in diesen unseren Tagen: „Halte deine schützenden Hände über alle!“ Bischof Urs Heiniger bedankte sich nach dem Gottesdienst beim Organisten und dem Ensemble, das noch für einen musikalischen Abschluss sorgte, ganz zuletzt „ausperlend“ mit, trotz aller Sorgen, die derzeit das Weltgeschehen bereitet, zuversichtlich stimmenden Schlusstönen nur vom Klavier. Man meinte, ein „und dennoch…“ herauszuhören.
Am Ende des Berichts soll der Text aus den Psalmen stehen, den der Bischof (nicht nur) dem Hochzeitspaar mitgab für die kommenden Tage:
„Aber das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte
und meine Zuversicht setze auf Gott, den Herrn,
dass ich verkündige all dein Tun!“ (Ps 73, 28)