Vorfreude auf das nahende Fest von Christi Geburt vor rund 2.000 Jahren und freudige Erwartung der Wiederkunft Christi in der Gegenwart werden an einem äußerlich eher trüben Sonntagmorgen lebendig.
Ein Streichtrio mit Klavierbegleitung sorgte schon vor dem Gottesdienst mit entsprechender Musik für adventliche Stimmung und begleitete, wie auch die Organistin, die Glaubensgeschwister in der Schwarzwaldgemeinde musikalisch in die letzten Adventstage des Jahrs 2021 hinein. Ermutigung, Bestätigung und Ermahnung möge Gott schenken, war eine Bitte des Apostels im Eingangsgebet. Dem Wesen Jesus` entsprechend sich verhalten, bedeutet auch, dass einer für den anderen betet. Und, der immer noch andauernden Pandemie geschuldet, ein inniger Wunsch an den Vater im Himmel: „Hilf allen in ihrer jeweiligen Situation!“
Am Anfang des Gottesdienstes ging Martin Schnaufer auf die Adventszeit ein. Wie geht es uns an diesem vierten Adventssonntag – schon der vierte? Hat doch gerade erst angefangen mit dem Advent, mag mancher denken. Habe ich die Zeit genutzt? In der Regel hat niemand Zeit für Langeweile, beschäftigt wie wir alle sind. Hast du trotzdem mal darüber nachgedacht, in dieser besonderen Zeit ein „Highlight“ zu setzen? Christi Geburt ist rund 2.000 Jahre her. Aus gutem Grund haben Christen vor einiger Zeit beschlossen, das Kirchenjahr mit dem Advent beginnen zu lassen. An den Anfang zu stellen, was Gott dazu bewogen hat, seinen Sohn Mensch werden zu lassen: die Liebe zu den Menschen (vgl. „Also hat Gott die Welt geliebt…“ Joh 3, 16). Das sollte am Anfang des Kirchenjahrs stehen, um sich bewusst zu machen, dass da etwas ganz Besonderes kommt. Das spricht mich an. Ich möchte auch diese Vorfreude erleben und nicht etwa „hineinstolpern“ in dieses besondere Geschehen, sondern mir bewusst machen: Gott identifiziert sich mit den Menschen. Sein Sohn wird alles andere als ein königliches Leben führen.
Wie gehe ich die Vorbereitungszeit auf Christi Wiederkunft an? Er hat versprochen, zum Vater zurückzukehren, um „euch“, den Seinen, die Stätte zu bereiten (vgl. Joh 14, 2 ff). Weil er will, dass sie da sind, wo er ist (vgl. Joh 17, 24). Darüber zu reden in der Familie, mit Glaubensgeschwistern, das bringt Freude. Eine andere als die, wenn sonstige Themen eine Rolle spielen. Advent: Unser Herr kommt. Und das kann noch heute sein. Hat schon so mancher Schüler sich intensiv gewünscht - als elegante Lösung, um der Mathearbeit zu entgehen. ... Jesus wird dann kommen, wenn es aus Gottes Sicht passt. Nehmen wir die Frage mit: Wie hoch ist Advent bei mir angesiedelt? Wie viel Freude kann ich daraus nehmen?
Als Bibelwort lag dem Gottesdienst ein Text aus dem ersten Brief des Paulus an die Thessalonicher zugrunde, zu dem am Sonntag zuvor Kirchenpräsident Neuapostolische Kirche International und Stammapostel Jean-Luc Schneider in Freudenstadt einen Gottesdienst gehalten hatte: “So lasst uns nun nicht schlafen wie die andern, sondern lasst uns wachen und nüchtern sein. … Darum tröstet euch untereinander und einer erbaue den andern, wie ihr auch tut.“ (1. Thess 5, 6 u. 11). Der Apostel sagte dazu: „Nicht schlafen…“ – Lasse ich mich beeinflussen von Gedanken, die auch in christlichen Kreisen vertreten werden, dass die Ankündigung der Wiederkunft Christi nicht wörtlich zu nehmen ist, sondern in verschiedener Weise interpretiert werden könne? Angst oder gar Panik angesichts der Zusage zu empfinden, ist die falsche Reaktion. Das Versprechen ist ein Grund zur Freude: Er kommt, weil er dich bei sich haben möchte. Und fragt nicht ab, ob Gottesdienste und Chorproben vollständig besucht worden sind. Das Kriterium ist vielmehr die Liebe zu Gott und dem Nächsten. Ich leiste meinen Beitrag, damit sich in meiner Seele etwas entwickelt.
Wie pflege ich mein Verhältnis zu Gott? Je inniger es ist, desto mehr gebe ich ihm Platz bei mir: Gottesdienste wahrnehmen, das Gebetsleben pflegen. Nehme ich mir mal Ruhepausen, um über meinen Glauben nachzudenken? Mit anderen über unsere Zukunft sprechen, das gibt Kraft und Freude. Man schaut über die Alltagsprobleme hinaus und lässt sie nicht überhand nehmen. „Nüchtern sein…“ Betrunken sein, das nimmt Paulus als Bild. Der Zustand hat Grenzen, außerhalb derer er dem Menschen nicht gut tut. Was nicht bedeutet, allen Freuden zu entsagen. Aber Maß halten. Die Liebe zu Gott darf nicht verwässert, die zum Nächsten nicht beeinträchtigt werden und keinesfalls durch anderes zu deren Lasten gehen. Ein großer Gestaltungsraum mit Grenzen.
Wenn mir Böses geschieht? Obacht – nicht der Nächste ist mein Feind, sondern der Teufel. Wem macht man eine Freude, wenn sich wechselseitig die Köpfe eingeschlagen werden? Lasst uns daran arbeiten, nicht überzogen zu reagieren. Ich brauche doch Gnade für meine eigene Schuld. Das muss ich jedem anderen auch zugestehen.
„Sich untereinander trösten“ - Christsein ist auf Gemeinschaft angelegt. Man muss sich mal aussprechen können, aber dabei nicht ein gemeinsames Feindbild pflegen. Interesse dafür haben, was den anderen belastet. Im Katechismus wird Seelsorge als eine Aufgabe für alle in der Gemeinde beschrieben. (Kap. 12, 4, S. 433). Füreinander da sein, sich mit dem anderen freuen, sich seine Sorgen anhören. Und das dann anschließend eben nicht ans „Schwarze Brett“ hängen. Im 1. Thess 4 (vgl. 16 – 18) beschreibt Jesus seine Wiederkunft. Erst wendet er sich denen aus der Welt des Geistes zu, um sie dann mit den Lebenden zu vereinen. Es heißt: „So tröstet euch mit diesen Worten…“. „Die Aussicht auf die Wiederkunft Christi gibt uns Trost und erfüllt uns mit Vorfreude.“
Bezirksevangelist Werner Lampprecht erwähnte anfangs das (noch) Besondere an der Situation seit Anfang Dezember 2021, auch für ihn als Herrenberger: Gäu (zuvor Bezirk Tübingen) und Nagold gehören jetzt zusammen.
Advent als Vorbereitungszeit, darum weiß jemand, der christlich erzogen wurde, von klein auf an. Aber man braucht das Erinnern daran, sonst bleibt es nicht im aktuellen Bewusstsein. Nach einer Meinungsumfrage soll weniger als die Hälfte der Menschen – in christlichen Kreisen – noch an Jesus als Gottes Sohn und seine von ihm versprochene Wiederkunft glauben. Wenn das aber der Mittelpunkt im eigenen Leben ist, dann wird man alles daran setzen, um selbst teilzunehmen. Dann erfüllt mich das mit gläubiger Hoffnung und Freude. Anders als mit der Einstellung, na ja, mag vielleicht sein, dass Christus wiederkommt. Advent und Weihnachten können mit der richtigen Einstellung Vorfreude schaffen, von der ich abgeben kann.
„Wohin laufen meine Gedanken?“, setzte der Apostel fort. Bete ich mit Inbrunst oder aus Gewohnheit? Wie ist gerade meine innere Balance? Die Jugend soll ihre Chancen nutzen. Daran ist niemand gehindert, der Christus in den Mittelpunkt seines Lebens stellt. Drum herum ist noch genug Platz für alles andere. Wenn wir jetzt heiliges Abendmahl und Sündenvergebung erleben, dann ist das äußerlich betrachtet in jedem Gottesdienst dasselbe Ritual. Es liegt darin aber immer wieder das große Versprechen: Dir sind deine Sünden vergeben. Sie sind weg. Dafür, für dich, hat Jesus seinen Leib und sein Blut gegeben: Du sollst von meinem Wesen haben. Dann kann sich eine ganze Menge verändern. „Es ist ein Geschenk, eine Liebesbeziehung. Mach dein Herz auf.“
Nach dem Schlussgebet las Martin Schnaufer bei der Verabschiedung die vierte Strophe des bei der Feier des heiligen Abendmahls gespielten Lieds vor, die am Abschluss des Berichts stehen soll. „Was für eine große Chance, Christus schon heute so sehen zu können, wie ihn der Textdichter beschreibt: als den, dem alle Gewalt gegeben ist. Viel Freude, Friede und ein offenes Herz für andere.“, so lauteten die Weihnachtswünsche.
„Gelobet sei der König, den Gott uns hat gesandt!
In seiner Lieb und Demut wird Gott von uns erkannt!
Ihm ist das Reich gegeben, die Macht der Herrlichkeit:
so wird die Welt ihn sehen am Ende aller Zeit!
(Gb der Neuap. Kirche, Nr. 7, Vers 4, Text: Frederico Paruga, geb. 1960)