Evangelist Klausjürgen Zahn wird in den Ruhestand verabschiedet - und bleibt der Gemeinde in vielfältiger Weise als guter Geist und tätiges Mitglied erhalten.
"... Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit."
(Refrain der Verse 1- 4, "Sollt ich meinem Gott nicht singen?, Lied Nr. 259, Gesangbuch der neuapostolischen Kirche, Text Paul Gerhardt, 1607 -1676, Melodie Johann Schop, vor 1600 - 1663)
An der nicht nur akustisch, sondern auch optisch beeindruckenden Orgel in der Tübinger Kirche spielte an diesem spätsommerlichen, sonnigen Septembersonntagmorgen Andreas Ostheimer. Die, Corona-Zeiten bedingt, wenigen Gottesdienstbesucher vor Ort, wie auch die Daheimgebliebenen, die via Telefonübertragung teilnahmen, konnten so schon vor dem Gottesdienst, wunderbar musikalisch geleitet, den Alltag in den Hintergrund treten lassen. Das Eingangsgebet des Apostels war geprägt vom Empfinden, dass der Vater im Himmel Anteil nimmt, wenn es um die Sorgen und Bitten seiner Kinder geht.
"Desgleichen hilft auch der Geist unserer Schwachheit auf. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich`s gebührt, sondern der Geist selbst tritt für uns ein mit unaussprechlichem Seufzen." (Röm 8, 26). So lautete das Bibelwort für den Gottesdienst, nach dessen Verlesung Violine, Fagott (Kira-Maria und Roland Wintzen) sowie Orgel musikalisch die Bitte zum Ausdruck brachten, dass Jesus auf der Lebensbahn vorangehen möge (Gb Nr. 358). "Ein schöner Gedanke.", begann danach der Apostel. Man ist bange, hat Angst vor dem nächsten Schritt, was wird mich erwarten? Aber ich bin nicht allein, Jesus, geh du voran! Wie gehe ich richtig mit diesem Gedanken um - lehne ich mich ganz entspannt zurück? Es gilt, die Balance zu finden zwischen dem Wahrnehmen meiner eigenen Verantwortung und der Sicherheit, zu spüren, dass ich nicht allein bin. Zwar im Vertrauen darauf zu handeln, dass Gott es machen wird, aber eigenständig Verantwortung für meine Entscheidungen und mein Tun zu tragen. Dabei weiß ich um Jesus` Zusage, alle Tage bei den Seinen zu bleiben. Ich bin eingebunden in die göttliche Liebe. Das gibt mir ein ganz besonderes Gefühl.
Damit leitete Schnaufer zum Textwort über. "Das neue Leben im Geist", so ist das achte Kapitel des Römerbriefs überschrieben. Darin werden die Grenzen aufgezeigt, die der schwache Mensch nun einmal hat. Wie soll der, wie soll ich, mit Gott, dem Allmächtigen, reden? Das Gebet ist "kein formulierter Wunschzettel". Es geht darum, mit dem Herrn verbunden zu sein. Ihm können wir alles sagen. Formalien sind unerheblich. Auf meine innere Haltung kommt es an. "... der Geist selbst tritt für uns ein ..." Wir wissen, Jesus ist unser Fürsprecher. Sohn und Heiliger Geist müssen Gott nicht "drängen". Gott, Sohn und Heiliger Geist - die Dreieinigkeit. Da gibt es keine hierarchische Unterordnung. Jesus als Gottessohn auf der Erde bei den Menschen hat ihnen diesen Blick auf seinen Vater geöffnet. Der Geist ermöglicht ein ganz anderes Verständnis von Gott: Er ist Schöpfer und Erlöser. Es gibt nur einen göttlichen Willen: Den Menschen zu erlösen. Als Mittler - wahrer Mensch und wahrer Gott - ist Jesus da. Der Heilige Geist ist Fürsprecher unserer Gebete. Unser "Seufzen" ist ein "Herr, hilf." Der Geist und die Braut sprechen: Komm! (vgl. Offb 22, 17).
Deshalb - so das Textwort, lass dich vom Heiligen Geist lenken, der rät: Hör auf meine Impulse. Er lehrt uns, den Willen Gottes zu erkennen. Er kann unser Gebet prägen, so, dass es nicht nur um die irdischen Sorgen geht. Er lehrt uns, zuerst nach dem Wohlgefallen Gottes zu trachten. Er führt uns zu Dank und Anbetung. Zeigt uns die Liebe Gottes, die sich zu uns neigt. Mit dem Geber aller guten Gaben Gemeinschaft haben zu können, das ist wichtiger als die Gaben selbst. Das soll sich widerspiegeln im Gebet: Komm, Herr Jesu!
Selbstsucht hat da keinen Platz. Vielmehr Fürsprecher für andere sein. Was wissen wir schon wirklich voneinander? Hüten wir uns vor Schubladendenken. "Gott liebt alle in gleichem Maß. Ich soll sein Werkzeug sein. Zeig du durch dein Verhalten deinem Nächsten, dass Gott ihn liebt!" Der Heilige Geist hilft, im eigenen Leben die richtigen Schwerpunkte zu setzen. Und er leitet mich, um die richtigen Dinge zu beten. Zeig das, was du ins Gebet legst, auch in deinem Leben. Demütig, aber auch der eigenen Verantwortung bewusst. Bleib beharrlich im Gebet wie im Leben, getragen von der Hoffnung: Der Herr kommt und will uns zu sich nehmen.
Vor der Feier des heiligen Abendmahls hieß es: Wir sagen im Vaterunser, dein Name werde geheiligt, dein Reich komme, dein Wille geschehe ..., und demütig: Vergib uns unsere Schuld, denn dein ist die Kraft. Das sind die Impulse, die Gott, der Sohn, uns gibt. Das Bußlied gestalteten Orgel und Fagott, "einfach", schlicht und ergreifend: "Nur so wie du, Herr Jesu, möcht ich werden ..." (Männerchormappe Nr. 17). Apostel Schnaufer betonte die Selbstlosigkeit des Opfers des Gottessohns, der alles für uns auf sich nahm. "Wir wollen `ja` zur Nachfolge sagen, um in die ewige göttliche Gemeinschaft zu kommen."
Nach der Feier des heiligen Abendmahls, die mit Orgelklängen, "Amazing Grace" war zu hören, begleitet wurde, kam für Tübingens Gemeindeevangelisten der Abschied von einem Lebensabschnitt.
"Ich denke, ihr wisst, dass Evangelist Klausjürgen Zahn in den Ruhestand treten wird. Und keiner findet das so toll." Mit diesen Worten leitete der Apostel das ein, was nun kommen würde. Gemeindevorsteher Arndt Bayer hatte zu Papier gebracht, was ihn aus diesem Anlass bewegte. Schnaufer zitierte: Neununddreißig Jahre lang war Klausjürgen Zahn als Amtsträger tätig. Seit dem 26.07.2015 (Link) als Evangelist in der Gemeinde war er Vorstehervertreter. "Für mich war es die optimale Besetzung - Begleitung, Unterstützung durch einen großzügigen, väterlichen Freund. Loyal, aber durchaus deutlich machend, was er dachte. Ein Verkünder des Evangeliums, der Signale zu setzen wusste. Und auch als Fotograf, Techniker und Organist in der Gemeinde Tübingen nicht hinweg zu denken. (Wobei für die drei letztgenannten Tätigkeiten bereits die Zusage vorlag, dass das auch zukünftig so sein werde.) Was den Vorsteher veranlasste, sich zu sorgen, dass wegen der räumlichen Nähe des Organistenplatzes zum Altar sei die Gefahr nicht auszuschließen, dass er den zukünftigen Evangelisten im Ruhestand versehentlich zum Mitdienen aufrufen könnte?
"Ich bin ein Werkzeug und trage meinen Teil dazu bei, dass Segen in die Gemeinde kommt!", würdigte der Apostel die Amtsträgertätigkeit Klausjürgen Zahns, die dauernde Spuren nicht nur in der Gemeinde Tübingen hinterlassen werde. Große Dankbarkeit dafür solle ihm Freude machen. "Ich wünsche Ihnen, zusammen mit Ihrer Frau, der auch ein besonderer Dank gilt, einen wunderschönen neuen Lebensabschnitt. Alles Gute, mein lieber Evangelist!"
Es wurden zwei Diakone und ein Priester für die Gemeinde ordiniert. In seiner Ansprache betonte der Apostel, dass eine besondere Entscheidung zu treffen ist, wenn Gott dich bittet, als Amtsträger tätig zu sein. Wenn ihr dazu "ja" sagt, dann nicht etwa deshalb, weil ihr euch nicht getraut hättet, abzulehnen. "Bringt eure Impulse, euren Glauben, eure Liebe und euer Vertrauen ein. Gott ist mit euch. Bleibt bei eurem ´Ja´, und Gott sagt ´Ja` zu euch." Engel Gottes begleiten euch und sind um euch jeden Tag. Jugendliche Dynamik und Esprit, verbunden mit dem Geist Gottes sollen eure Arbeit prägen. Ihr werdet die Balance zwischen euren irdischen Aufgaben und dem göttlichen Auftrag finden."
Für alle möge gesorgt werden und die Gemeinde gesegnet sein. Gerade in diesen besonderen Tagen brauchen wir die Nähe Gottes, das kam noch einmal ganz besonders im Schlussgebet zum Ausdruck.