Bischof Bernd Bornhäusser (Apostelbereich Stuttgart) leitet dort den Gottesdienst.
"Ich kann allein nicht gehen, nicht einen Schritt.
Wo du wirst gehn und stehen, da nimm mich mit!"
(aus Strophe 1, Lied Nr. 194, Gesangbuch der Neuap. Kirche, "So nimm denn meine Hände...", Text Julie von Haussmann, 1826 - 1901)
Am vorhergehenden Samstag hatte in Filderstadt-Bonlanden ein Gottesdienst für alle Apostel, Bischöfe, Bezirksvorsteher und deren Vertreter aus der Neuapostolischen Kirche Süddeutschland unter Leitung von deren Kirchenpräsidenten und Bezirksapostel, Michael Ehrich, stattgefunden. Und wenn schon mal alle im Großraum Stuttgart versammelt sind, was liegt da näher, als dass sie in den Gemeinden dort am Tag darauf zum Gottesdienst kommen und diesen auch leiten. So geschehen auch in Herrenberg an diesem zweiten Sonntag im März, an dem Bischof Bernd Bornhäusser in Erfüllung dieser Aufgabe kam. Für uns aus dem Bezirk Tübingen ein Nachbar, denn wir grenzen "auf beiden Seiten", im Westen Gärtringen, im Osten Tübingen, nördlich an den Apostelbereich Stuttgart, wie Tübingens Bezirksvorsteher Klaus von Bank später befand. Für den Bischof war es "zum ersten Mal Herrenberg". Gekommen war er, um, wie er zu Beginn sagte, Gott zu loben und zu preisen. Der in der vergangenen Woche viel für den Einzelnen getan hat. Er hat Gebete erhört, Dinge gelenkt und mit Gaben nicht gespart. Manche Bitte an ihn wurde, wenn auch vielleicht nur scheinbar, nicht erfüllt. "Lieber Gott, wo bist du?" Ich habe dich nicht erlebt, wird daher mancher sagen. "Den wollen wir mitnehmen, damit er trotzdem das Gefühl von göttlichem Wirken verspürt und der Gottesdienst uns gemeinsam zu Gott und seinem Sohn führt."
"Jesus aber antwortete und sprach: Sind nicht die zehn rein geworden? Wo sind aber die neun? Hat sich sonst keiner gefunden, der wieder umkehrte, um Gott die Ehre zu geben, als nur dieser Fremde?" (Lk 17, 17, 18), so das Textwort. In dem Kapitel des Lukasevangeliums geht es um die Heilung der zehn Aussätzigen. Jesus befand sich auf dem Weg nach Jerusalem zu seiner Passion. Im Kirchenkalender sind wir jetzt - rund 2000 Jahre später - in der Passionszeit, der vor Karfreitag und Ostern. Die Zeit, in der wir uns erinnern: Christus hat für unser Heil, deins und meins, sein Opfer gebracht. Im Gedenken daran mögen uns Lob und Dank erfüllen.
Die Passionszeit ist die Fastenzeit, die des Verzichtens. Vielleicht auch mal auf einen Teil unserer kostbaren Zeit, in der wir versuchen, für uns Sinnvolles zu tun. Zum Beispiel der Besuch im Fitness-Studio. Exakt geplant, weil es viele gute Gründe dafür gibt. Eine Stunde davon weniger und sie nutzen, um Gutes zu tun. Jemanden anrufen, der an sein Zuhause gebunden ist. Ihm zuhören. Mit ihm reden. Die Passions- und Fastenzeit kann auch eine der Besserung sein. Mal in sich hinein hören. Sich der Herausforderung stellen, sein Leben sinnvoll und verantwortungsbewusst zu gestalten.
Die zehn Aussätzigen waren durch ihre Krankheit ausgegrenzt. Sie hatten ihre Dorfgemeinschaft verlassen müssen. Ein soziales Elend voller Nöte. Angewiesen auf Mildtätigkeiten der anderen. "Jesus, lieber Meister, erbarm dich unser!" (Lk 17, 11 ff). Sie setzten ihre Hoffnung auf das Irdische. Wie es sich viele damals vom Messias erhofften: Gesundheit, Essen (Speisung der Zehntausend), Tote lebendig machen. Jesus gab sich dabei aber nicht als Reformer oder gar "Revoluzzer". Er als Jude hielt sich an die geltende Ordnung. Danach war die Priesterschaft in Jerusalem die "Gesundheitsbehörde". Sie war befugt, die Absonderung der Kranken aufzuheben. "Geht hin und zeigt euch den Priestern!" Und sie wurden rein auf dem Weg dorthin. Durften wieder in die Dorfgemeinschaft, arbeiten, mussten nicht mehr betteln. Gern, gemeinsam und gleich gingen sie.
Nur einer kam zurück. Ein Samariter. Er war wegen seiner Abstammung - kein Jude, sondern Mitglied eines Mischvolks - ausgegrenzt. Er kam als Einziger. Er, "der Fremde". Zu ihm sagte Jesus: "... dein Glaube hat dir geholfen." (Lk 17, 19). Der Glaube - vertraut Gott, hofft auf ihn, schafft die Erkenntnis, ihm zu danken. Immer war er mit einer Verheißung verbunden - bei Noah die Errettung vor der Sintflut, bei Abraham der lang ersehnte Sohn. Auch unser Glaube lässt uns viel Gutes erfahren. Dass wir in großer Gefahr gewesen sind, wie oft wird uns das erst im Nachhinein bewusst.
Gott hilft aber noch in ganz anderer Weise. Durch das Opfer Jesus´ können wir uns mit Gott versöhnen. Weil er einen Plan mit den Menschen hat - sie sollen auf ewig bei ihm sein können - kommt Sinn in ihr Leben. "Hat sich keiner gefunden, der dankbar ist?", fragt Jesus. Haben wir nicht immer Grund, Gott zu loben? Die Dankbarkeit ist ursächlich für ein freudiges christliches Leben. "Ich glaube, wir Christen dürfen dankbar sein Gott gegenüber. Der dich nie verlassen hat. Ich wünsche euch, dass ihr das erlebt!"
Klaus von Bank verwies darauf, dass das Verhalten der neun Undankbaren damals wohl niemandem ganz fremd ist. Wenn uns das Wasser bis zum Hals steht, wozu sind wir dann nicht bereit, um bloß aus der misslichen Lage herauszukommen. Ist die bereinigt, na ja, so furchtbar war es dann auch nicht ... Wie bald ist ein Versprechen abgegeben. Geht es darum, das auch einzuhalten, sind wir schnell schwach. Damals war der Fremde, der Samariter, der einzige Dankbare. Ein Beispiel dafür, dass es uns nicht zusteht, auf andere herabzublicken. Jeder, der recht handelt, ist Gott angenehm.
Werner Lampprecht, stellvertretender Leiter des Bezirks Tübingen, ging auf die Bedeutung des Opferns und Verzichtens zugunsten anderer ein. Bei den "Schuhkarton-Aktionen" wird um Spenden gebeten, die man nicht gerade über hat, weil man die Sachen eh nicht (mehr) braucht. Etwas geben, was einem selbst wertvoll und wichtig ist. Sich nicht eben mal schnell durch eine Geldspende "freikaufen", sondern sich kostbare eigene Zeit für einen anderen nehmen. Das ist ein Ausdruck von Dankbarkeit, die uns Freude, Frieden und Kraft bis zur Wiederkunft Christi gibt.
Vor der Feier des heiligen Abendmahls ging der Bischof noch einmal auf die zehn Aussätzigen ein: Ihre gemeinsame Krankheit, ohne die sie nie zusammengekommen wären, ist ein Bild für die Sünde. In der sind alle Menschen gleich. Da gibt es keine Abgrenzung voneinander wie die mit dem Zaun ums eigene Grundstück, den mancher nicht stabil und hoch genug bauen kann. Als Sünder sind wir alle gleich vor Gott. Alle machen sich auf denselben Weg. Das Evangelium führt zu Veränderungen: Jesus damals will helfen, indem er sagt, geht zu den Priestern, dahin, wo für euch die Freiheit liegt. Auf dem Weg wollen auch wir gehen. "Wir schaffen das, miteinander!"
"Lass uns bewahrt bleiben an deiner Hand.", das war ein Wunsch im Schlussgebet. Wie wichtig und wertvoll das ist, wird im Eingangszitat von der Dichterin ausgedrückt. Das Lied wurde, wunderschön interpretiert, vor dem Gottesdienst an der Orgel gespielt.