Die Glaubensgeschwister aus Öschelbronn und Jettingen erleben gemeinsam den Wochengottesdienst zur Vorbereitung auf den Entschlafenengottesdienst am ersten Märzsonntag.
"Ich freue mich, diesen Gottesdienst mit euch haben zu dürfen.", so Martin Schnaufer zu Beginn. Neuapostolische Christen feiern solche Gottesdienste drei Mal im Jahr. Es sind immer wieder besondere Anlässe, sich die Größe des Werks Gottes bewusst zu machen. Am Sonntag werden in einem Gottesdienst im Bezirk Tübingen durch den Bezirksapostel die drei Sakramente gespendet werden: Heilige Wassertaufe, Heilige Versiegelung und Heiliges Abendmahl. Wir werden nicht sehen, an wen, an wie viele Seelen, und verspüren doch die Größe Gottes und seine Liebe zu allen, zu uns wie auch zu denen in der geistigen Welt.
Der Apostel ging auf den Ablauf bei der Wiederkunft Christi ein. Zuerst werden die Toten in Christus auferstehen. Danach werden die Lebenden zugleich mit ihnen entrückt werden, dem Herrn entgegen. (1. Thess 4, 15 ff). Ein Trost, diese Schilderung des Wiedersehens mit denen, die schon in der Ewigkeit sind, besonders bei Trauerfeiern. "...an Vielfalt fehlt´s da nicht; ..." (Chorbuch für den neuap. Gottesdienst Nr. 352, aus Vers 1) zitierte Schnaufer aus einem zuvor vom gemischten Chor mit Klavierbegleitung vorgetragenen Lied. Es sind Seelen, die noch nie mit dem göttlichen Erlösungswerk in Berührung kamen oder es ablehnten. Es wird keine Rolle mehr spielen, was vorher war. wenn sie sich entscheiden, Christus nachzufolgen. Gerade in diesen Tagen, 75 Jahre nach dessen Ende, erinnern wir uns an allein 55 Mill. Tote in sechs Jahren des Zweiten Weltkriegs. An Opfer der Bombardierungen, die z. T. in einem Augenblick aufgrund Sauerstoffmangels erstickten. Was mögen sie gefühlt haben? Jesus will alle Menschen zu sich ziehen. Die Vergangenheit können wir nicht ändern. Wir dürfen aber in Dankbarkeit auf den kommenden Sonntag zugehen im Bewusstsein, dass Gott keinen verstößt.
Danach begann der Apostel, auf das eingangs verlesene Bibelwort einzugehen: "Und da sie der Herr sah, jammerte sie ihn und er sprach zu ihr. Weine nicht und trat hinzu und berührte den Sarg, und die Träger blieben stehen. Und er sprach: Jüngling, ich sage dir, steh auf! Der Tote richtete sich auf und fing an zu reden, und Jesus gab ihn seiner Mutter." (Lk 7, 13 - 15). Die Witwe zu Nain, der Jesus beim Trauerzug für ihren einzigen Sohn begegnete, hatte nur Mitleid verdient. Mit dem Sohn war ihre Altersversorgung dahingegangen. Jedwedes soziales Prestige hatte sie verloren. Was ihr bevor stand, war ein Desaster. Dazu die zu erwartenden Mutmaßungen ihrer Mitmenschen. Ein solches Unglück geschieht doch nicht unverschuldet? Jesus stellte keine Fragen. Sie jammerte ihn. Er handelt aus Barmherzigkeit. "... ich sage dir, steh auf!" - Keine Macht konnte das verhindern. Gott handelt. Ist gegenwärtig. Wie schnell verdrängen wir das in unserem Alltag. Jesus ist da. Will allen helfen. Er identifiziert sich mit jedem: Denn - "Ich lebe und ihr sollt auch leben!" (Joh 14, 19).
Es ist meine Entscheidung, seinem Wort zu glauben. Letzteres kann ich nicht beeinflussen. Nur über meinen Standpunkt dazu befinden. In christlicher Tradition wird für die Gemeinde das Bild einer Mutter gebraucht. Und da hat jeder so seine Meinung zu Diesem und Jenem. Jüngere sehen die Dinge aus ihrer Perspektive, die Älteren aus ihrer und damit aus einer anderen. Sie waren schließlich dabei, bei der heute oft kritisierten Vergangenheit. Was ist richtig, was ist falsch? Was war richtig, was war falsch? Schuldzuweisungen sind da fehl am Platz. Auf Jesus schauen: Ich lebe und ihr sollt auch leben. Willst du es Jesus schwer machen? Er gibt das Potenzial zur Vollendung seines Werkes. Das sind wir. An uns ist es, nicht das Negative zu beklagen, z. B. schwindende Größen der Gemeinden, deren Zusammenlegung, Vielmehr: "Ich sage dir, steh auf!" Die Perspektive bleibt. Steh auf. Vorwürfe bringen nichts.
"Der Tote richtete sich auf und fing an zu reden ,.." - worüber? Worüber reden wir? Dass sich unsere Hoffnung auf den Herrn erfüllt. Damit soll nichts unter den Teppich gekehrt werden. Jeder soll authentisch bleiben. Aber man kann sich gegenseitig ermuntern, damit der Glaube zum Schauen kommen kann."Lasst uns daraus neuen Mut schöpfen: Ich lebe und ihr sollt auch leben."
Werner Löhmann, Gemeindevorsteher in Gärtringen, ging noch einmal auf den traurigen Anfang der Begebenheit von der Witwe zu Nain ein. Wichtig: Es bleibt nicht so. Die Begegnung mit Jesus schafft Leben, Freude, Glauben und den Mut, dass wir unser Glaubensziel erreichen können. Allen soll geholfen werden. Wie oft müssen wir in unseren Tagen erleben, dass für jemanden, warum auch immer, ein Menschenleben nichts wert ist. Er vernichtet es einfach. Das entsetzt uns. Und trotzdem, eine Bewertung steht uns nicht zu. Allen, allen Menschen soll geholfen werden.
Vor der Feier des heiligen Abendmahls ging es Martin Schnaufer um die große Aufgabe, vergeben zu können. Ein Kampf, der oft nicht gelingt, weil es einfach zu viel ist für den Menschen. Gott sieht dabei nicht den Vollzug, sondern den Willen. Hass, Distanz, Kälte, die sind durch das Böse in die Welt gekommen. "Komm aus deinem `Loch´ heraus zu Jesus. Lass von dem, was tötet. Steh auf!" Und auch darum bat der Apostel, später, im Gebet vor dem Austeilung des heiligen Abendmahls: "Lieber Gott, gib, dass es uns gelingt, auch stehen zu bleiben."