Eine Gemeinde, bei einem solchen Besuch aus dem tiefen Süden des Apostelbereichs Freiburg/Tübingen ausnahmsweise einmal ohne die Glaubensgeschwister aus dem Gäu "drum herum", gibt diesem Gottesdienst "extra für sie" einen beeindruckenden musikalischen Rahmen.
Sie hatten sich sorgfältig auf diesen Abend vorbereitet, die Herrenberger. Als eine Gemeinde, in der Orgel, gemischter Chor, Männerchor und Orchester, nach aller Probenarbeit, den Zuhörer ein "Wir-Gefühl" spüren ließen, das den Gottesdienst mit einem solchen musikalischen Rahmen möglich gemacht hatte.
Zu Beginn war gerade "Auf dich, o Herr, vertrauet meine Seele ... in Ewigkeit", ein Lied nach Worten aus der Heiligen Schrift, verklungen. Der Bischof knüpfte daran an: "Es tut so gut, das zu hören. Dass gesagt wird, auf wen wir vertrauen." Nicht auf einen Menschen. Der mag viele Fähigkeiten haben, die letztlich aber immer begrenzt sind. Dagegen steht unser himmlischer Vater, der alles gemacht hat. Warum ist es wichtig, das richtig einzuordnen? Schließlich kann uns in unserem Leben nicht alles gefallen. Dann kommt schnell die Frage auf, wie soll das bloß weitergehen? Wir entwickeln eigene Vorstellungen, wie es sein könnte, müsste... Es kommt aber nicht so. Gott ist nicht unser "Vertragspartner", mit dem man eine Vereinbarung trifft, bei der sich Leistung und Gegenleistung möglichst gleichwertig gegenüberstehen. Auf dieser menschlichen Basis "funktioniert" das Verhältnis zu Gott nicht.
Das zeigt uns auch das Textwort für den Gottesdienst. Es ist wie die spätere Lesung dem Kapitel der Genesis entnommen, das überschrieben ist: "Gottes Bund mit Noah": "Und Gott sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich geschlossen habe zwischen mir und euch und allem lebendigen Getier bei euch auf ewig. Meinen Bogen habe ich gesetzt in die Wolken; der soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und der Erde." (1. Mos 9, 12 u. 13; Lesung 1. Mos 9, 8 - 17). In diesem Kapitel der Bibel wird das Verhältnis des Menschen zu Gott dargestellt. Es geht nicht um den wissenschaftlichen Hintergrund einer extremen Flut. Gott hatte nach der Schöpfung von Erde und Menschen festgestellt, dass alles gut sei (vgl. 1. Mos 1, 31). Eine andere Macht wollte sein Werk missbrauchen und regieren. Der Herr griff ein mit der Sintflut als klarem Zeichen: Das Böse wird letztlich nicht siegen, sondern das Gute.
So viele Menschen kommen ums Leben durch die Flut - und das soll Gott so gewollt haben? Aber vorher hatte er allen Rettung angeboten, doch nur wenige wollten sie. Der Bau der Arche brauchte Zeit. Noah sprach von dem, was kommen würde. Das wollte aber niemand hören. Die, die die Warnung ernst nahmen, sich retten lassen wollten, denen bot sich die Chance eines Neubeginns. Danach gab es keinen "Vertrag auf Augenhöhe" mit Gott. Wohl aber dessen Zusage, dass es nie wieder eine Naturgewalt geben werde, die alles auszulöschen vermag. Jesus sollte auf die Erde kommen, der Gnade ohne Vorbedingungen schenkt. Viel mehr, als wir uns vorstellen können.
Gott schloss seinen Bund mit der gesamten Schöpfung. Der Mensch hat gern seine eigenen Vorstellungen. Möchte sich selbst verwirklichen. Gott aber hat sich den Menschen einfach zugewandt und so seine Liebe gezeigt. Er ist die Liebe. Er ist ein fürsorglicher Gott, der den Plan hat, dass alle mit ihm Gemeinschaft haben dürfen. Er schenkt sich dir und mir. Will uns helfen, das Böse zu überwinden. Eine großartige Fürsorge und Liebe. Trotz menschlichen Fehlverhaltens, wir wenden uns ab mit negativen Konsequenzen, es gilt seine Zusage (vgl. 1. Mos 9, 15), dass diese Erde bis zur Neuen Schöpfung bestehen werde. Er nimmt sich bewusst zurück, damit wir bewahrt bleiben und dieses Glaubensziel erreichen dürfen.
Gott in seiner großen Liebe geht allen nach. Als Jesus am Kreuz gestorben war, begab er sich in die untersten Orte zu denen, die zu Noahs Zeiten nicht hatten glauben können (vgl. 1. Petr. 3, 20). Wie reagieren wir auf diese Liebe und Fürsorge? Wollen wir die Liebe nicht erwidern? Unser Ziel ist es, würdig zu werden und nicht gleichgültig gegenüber der göttlichen Zuwendung zu sein. Sprichwörtlich heißt es, nach mir die Sintflut, wenn man ausdrücken will, dass einem etwas völlig egal ist. Nein, wir wollen unsere Gaben einsetzen und mit der uns geschenkten Liebe arbeiten. Jesus ist allen gnädig, vorbehaltlos. Der Wunsch, jedem zu helfen, soll auch der unsrige sein. Wir wollen dem Nächsten in Liebe begegnen. Durch unser Verhalten dafür sorgen, dass auch er das Heil erleben kann.
Bezirksevangelist Werner Lampprecht bekräftigte, dass Gott seine "Verträge", die eigentlich einseitige Zusagen sind, immer eingehalten hat. Schon damals bei Adam und Eva hieß es, er werde einen senden, der der Schlange, Satan, den Kopf zertreten werde (vgl. 1. Mos 3, 15). Wir können daher sicher sein, dass unser Glaube an die verheißene Zukunft ein sicheres Fundament hat. Gott wird sein Werk vollenden. Tun wir das Unsere in dem "Vertrag" mit Gott: Üben wir uns in Nächstenliebe.
"Da fasst man im Gottesdienst so seine guten Vorsätze.", setzte der Bischof das fort. Zum Beispiel mal freudig auf den Nachbarn zugehen, mit ihm reden. Und der grüßt mich dann noch nicht einmal. Weg ist der gute Vorsatz. Nein, gehen wir trotzdem auf den Anderen zu. Ohne Berechnung und Erwartung eines Wohlverhaltens. Gott wird uns die Kraft dazu schenken, dass wir seinem Sohn ähnlich werden können. "Wenn wir gleich bitten werden, unser tägliches Brot gib uns heute, dann umfasst dies alles. Das göttliche Wertesystem für uns und die Gemeinde ist: Ich vergebe meinem Nächsten."
Das Orchester spielte, als alle noch standen, während das Abendmahl an die Amtsträger ausgeteilt wurde, in eine feierliche, andächtige Stille hinein, den Text des Lieds instrumental zu Gehör und zu den Herzen bringend:
"Ew´ges Erbarmen, wie klingt´s so süß!
Ew´ges Erbarmen, ein Paradies öffnet dem Sünder sich,
der nur recht inniglich
mit Herz und Seele sich Jesus ergibt."
(Gesangbuch für den neuap. Gottesdienst, Nr. 249, Vers 1)