Die Glaubensgeschwister in Herrenberg und drum herum freuen sich über den Besuch aus dem tiefsten Süden des Apostelbereichs Freiburg/Tübingen.
Herr, komme bald, hör deines Volkes Rufen!
Wir stehn vereint vor deines Altars Stufen.
Sieh du uns an, die Seele ist bereit.
Herr, komme bald, verkürze diese Zeit!
(Chorbuch für den neuapostolischen Gottesdienst, Nr. 421, Text Hermann Ober, 1926 - 2006)
Das Kapitel im Chorbuch, dem dieses vom Gäuchor zu Beginn des Gottesdiensts gesungene Lied entnommen ist, trägt die Überschrift: Verheißung - Erwartung - Erfüllung. Das war das Thema an diesem trüben Novembermorgengottesdienst mit viel Nebel. Und trotzdem war zu hören: "Ich bin heute Morgen gern zu diesem "Herren"berg gekommen. Äußerlich ging die Fahrt vom Schwarzwald hinunter, aber für mich dennoch hoch hinauf, weil ich dem Herrn näher kam. Im Bewusstsein, ihm begegne ich hier zusammen mit euch. Ein Gottesdienst findet ´oben´ statt. Da schwindet der Nebel. Da wird es klar. Der Ruf Gottes geht immer nach oben, auf Ewigkeitskurs.", so der Bischof zu Beginn.
Womit er auch schon beim Bibelwort für den Gottesdienst war: "Und wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten, will ich wiederkommen und euch zu mir nehmen, damit ihr seid, wo ich bin. Und wo ich hingehe, den Weg wisst ihr." (Joh 14, 3 u. 4) Jesus ist es, der diese Verheißung in die Seele legt. Deshalb, verwies der Bischof auf das eingangs gesungene Lied des Chors "Herr, komme bald", weil ich ganz mit dir in Gemeinschaft sein will. "Wir sind bereit" - Ist es wirklich so, bin ich bereit? Woran zeigt sich das? Sich hinterfragen: Bin ich bereit, im Gottesdienst zu sein? Gottes Wort zu hören? Ihn zu erleben? Oder bin ich im Irdischen gefangen. Das uns insbesondere unter der Woche viel beschäftigt.
"Und wo ich hingehe, den Weg wisst ihr." Unsicherheit belastet. Ungewissheit kann sich dann breitmachen. Es können so Gedanken kommen, ob Manches, was gesagt ist, vielleicht nur symbolisch zu verstehen sein könnte? Auch heute gilt: Gott lässt uns nicht im Ungewissen. Bin ich aber auch bereit, das zu hören? Man hat so seine eigene feste Meinung über dies und das. Jetzt kommt Gott, der sagt, vergiss sie. Bin ich bereit, mich durch den Impuls des Heiligen Geistes bewegen zu lassen?
Jesus sagt, "Und wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten, ..." Die Wohnung ist schon lange bereit. Durch Jesus` Opfer ist weggenommen, was stört. Wenn es danach geht, hätte der Herr schon vor fünfzig Jahren kommen können. Er tat es nicht, weil er Geduld hat mit uns.
"Wer mir nachfolgen will, der nehme sein Kreuz auf sich ..." (vgl. Lk 9, 23 u. a.) Das Kreuz auf sich zu nehmen, bedeutet auch, bereit zu sein, mal zu scheitern. Sich bewusst zu sein, dass der Mensch der Vergänglichkeit unterworfen ist. Als Vorbild Jesus nehmen. Dazu ist ein kindlicher Glaube nötig. Ein Kind wächst. Verliert den kindlichen Glauben. Im Geistigen ist es anders. Da kann kein Wissen einen solchen Glauben ersetzen. Er ist der Weg. Ganz einfach und doch schwer. Glaube "nur" - das ist eine große Herausforderung.
Die meisten von uns werden beim Empfang der beiden Sakramente, Heilige Wassertaufe und Heilige Versiegelung, zu klein gewesen sein, um das bewusst zu erleben. Die darin liegende Kraft kann dennoch wirken. Jesus zeigte diesen Weg, der auch für ihn als wahrer Mensch notwendig war. Keineswegs war das für ihn nur symbolhaft. Er sorgte sich, wie es weitergehen würde, wenn er zum Vater gegangen sein war? Ja, er würde wiederkommen, aber den Zeitpunkt weiß allein sein Vater im Himmel. Den Gottessohn wollen wir uns als Vorbild nehmen und dem Vater gegenüber gehorsam sein. Uns dabei von nichts bedrängen lassen, sondern so, wie Jesus das in solchen Situationen tat, sich zurückziehen. Ihn in die Mitte stellen, der auf den Vater sah. Es geht nicht darum, wie ich etwas sehe und mir dementsprechend vornehme, etwas zu tun. Welche Rolle kann menschlicher Rat dabei spielen? Die Aufgabe der Amtsträger ist es nicht, konkrete Empfehlungen zu geben. Wohl aber die, auf die Stimme des Heiligen Geistes zu hören und, von ihr geleitet, vorwärts in die Heimat zu gehen.
Ein Herrenberger solle etwas zum Gottesdienst beitragen, so des Bischofs Wunsch. Den erfüllte Bezirksevangelist Werner Lampprecht. Er griff die Frage auf, wie man Entscheidungen trifft. Firmen machen oft jahrelange Vorbereitungen, um eine in der Zukunft liegende Entscheidung möglichst fehlerfrei zu treffen. Ist es dann so weit, können sich die äußeren Umstände geändert haben und die Planung obsolet machen. Nicht so bei Gott. Das Glaubensziel bleibt immer dasselbe. Zu erkennen, was Gott vorhat, wie unser Weg dorthin aussehen muss und ihn dann auch gehen zu können, dazu bedarf es des Glaubens. Eine große Aufgabe, das im Alltag umzusetzen. Und ohne Liebe zu Gott und dem Nächsten nicht zu erfüllen.
"Ihr wisst den Weg...", um dessen sicher sein zu können braucht es das Wissen: Gott ist da. So leitete Heiniger zur Feier des Heiligen Abendmahls über. Unvorhergesehene Ereignisse wirken irritierend. Jesus ging in schwierigen Situationen auf einen Berg, um mit Gott zu reden. Danach war er ruhig und konnte seinen Weg sicher weitergehen. So wollten die Jünger es auch für sich haben und baten den Gottessohn, sie zu lehren, in der Weise zu beten. Er lehrte sie das Vaterunser. "Das ist nicht nur ein Teil des liturgischen Ablaufs, ein Indiz für das baldige Ende des Gottesdienstes. Jetzt alle unsere Sorgen dem himmlischen Vater gemeinsam sagen zu können, ` unser`, nicht mein tägliches Brot zu erbitten, ist so, wie für die Jünger damals, eine Quelle der Kraft."
Nach dem Gottesdienst, bei der Verabschiedung, lag dem Bischof etwas besonders am Herzen, das war deutlich zu spüren. Ganz still wurde es, als er der Gemeinde zum Abschluss noch einmal das Textwort vortrug:
"Und wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten, will ich wiederkommen und euch zu mir nehmen, damit ihr seid, wo ich bin. Und wo ich hingehe, den Weg wisst ihr."