Zusammen mit den Bondorfer Glaubensgeschwistern und fast allen Gemeindevorstehern aus dem Bezirk Tübingen ergibt das eine bis auf den letzten Platz gefüllte Kirche.
Habe deine Lust am Herrn, der wird dir geben, was dein Herze wünschet.
Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn; er wird`s wohl machen.
(Nr. 176, Chorbuch für den neuapostolischen Gottesdienst, Text nach Ps 37, 4 u. 5)
Mit diesem Lied stimmte der gemischte Chor - Mötzinger und Bondorfer gemeinsam - vor dem Gottesdienst die Besucher, die aus ihrem höchst unterschiedlichen Alltag heraus zusammengekommen waren, auf den Abend ein. "Ich habe mich danach gesehnt, Gott mitten unter uns zu erleben.", begann der Bischof. Unfrieden und Unruhe haben keinen Raum da, wo Jesus ist. Allerdings - das funktioniert nicht auf Knopfdruck. Den Gottesdienst, Gott wirklich erleben, setzt voraus, aus der eigenen Meinung herauszukommen.
"Das will Gott auch zeigen mit dem Gleichnis vom verlorenen Sohn", begann Heiniger auf das eingangs verlesene Bibelwort einzugehen: "Er aber sprach zu ihm: Mein Sohn, du bist allezeit bei mir und alles was mein ist, das ist dein. Du solltest aber fröhlich und guten Mutes sein; denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist wiedergefunden." (Lk 15, 31 u. 32). "Genau so sollen das auch die Seelen in der Ewigkeit am kommenden Sonntag erleben, an dem in den neuapostolischen Kirchen weltweit Entschlafenengottesdienste stattfinden." Der im Gleichnis angesprochene ältere Sohn wusste, dass der jüngere Bruder durch sein vorausgegangenes Verhalten jedes Anrecht darauf, Sohn sein zu dürfen, verloren hatte. Aber der Vater setzte sich über die geltenden Regeln hinweg: Als er seinen zurückkehrenden "verlorenen" Sohn sah, ging er ihm entgegen. Ein Skandal! Genauso wirkt Jesus - er wendet sich der Sünderin zu, hat Gemeinschaft mit denen, die nicht zu Unrecht übel beleumundet sind, unvorstellbar! So handelt, wer von Liebe motiviert wird. Das konnte nicht bei jedem die reine Freude bewirken. Da war der andere Sohn, der beim Vater geblieben und seine Kräfte für ihn eingesetzt hatte. Er hatte ihm gedient und jetzt - wird für den anderen ein Fest veranstaltet. Für den, der seine Selbstverwirklichung an erste Stelle gesetzt hatte. Dem Vater aber waren beide wichtig.
Heil soll für alle da sein. Jesus will das so."So lasst uns auch ohne Vorurteile jeder Seele das Heil wünschen." Wir erinnern uns an so viele, die in die Ewigkeit gegangen sind. Liebevoll. Und oft kann ein einziges ungeschicktes Wort unter Lebenden riesige Mauern aufbauen. Wir haben so viele Opfer gebracht und, wo bleibt der Erfolg? Ich war doch immer treu und trotzdem überfällt mich eine schwere Krankheit. Sehen wir uns nicht manchmal auch so wie den älteren Sohn aus dem Gleichnis, den der Vater nicht zu verstehen scheint? Wie schnell ist ein Herz verschlossen, sind die Freude verloren und der Glaubensmut dahin. Nehmen wir uns den Gottessohn als Beispiel. Petrus verleugnet ihn, als es eng wird, und - Jesus´ Liebe tut das keinen Abbruch. Wir werden das nicht immer so schaffen können. Aber uns den Gottessohn als Vorbild nehmen, das können wir. Der verlorene Sohn hat nichts mehr zu fordern. Er muss sich bei der Rückkehr auf der Ebene der Tagelöhner sehen. Er wird dennoch als Sohn empfangen, für den ein Fest gefeiert werden soll. Für ihn, der die Welt erobern, sich selbst verwirklichen wollte, ohne Rücksicht auf andere. Der zurückgebliebene Bruder sah nur die eigene geleistete Arbeit. Der Vater will ihm aus dieser Sicht heraus helfen: "Mein Sohn, du bist allezeit bei mir...". Diese Klarheit, für immer bei Gott sein zu dürfen, schafft inneren Frieden. Beim Abspulen des Tagesprogramms geht das leicht mal unter. Sich dann den Blick auf den wirklichen Reichtum verschaffen. Mögen auch die Seelen in der Ewigkeit erkennen, dass Jesus Heil für alle will.
"... und alles was mein ist, das ist dein." Gott will, dass alles unser ist. Dass wir in unserer Unvollkommenheit einst ewiges Leben haben dürfen. Einen Anspruch darauf gibt es nicht. An der Herrlichkeit teilhaben zu dürfen, ist ein Gnadengeschenk. Auch in der Ewigkeit ist es nicht leicht, seinen eigenen Willen, das eigene Verließ aufzugeben. Im Gleichnis muss der gekränkte Sohn die Worte des Vaters aufnehmen. Auch in der Ewigkeit muss auf Gottes Wort gehört werden. Mögen die Seelen das erkennen, damit sie wieder Freude haben können. Und nicht nach ihrem persönlichen Lohn fragen. Die Freude, bei Jesus zu sein, ist so einmalig und nicht an das Irdische gebunden. Enttäuschungen lassen hier wie dort mutlos werden. Mögen die Seelen im Jenseits sie überwinden, damit sie frohen Mutes sein können. "Haben wir den frohen Mut, damit wir nicht aufhören, zu beten. Für die Seelen in der Ewigkeit wie auch für die Lebenden!"
Letztere stellte Hirte Lothar Dopf, Gemeindevorsteher in Rottenburg, zu Beginn seines Beitrags in den Fokus: Da sind Glaubensgeschwister, die weggegangen sind. Wenn sie uns über den Weg laufen, sollte das der Anstoß sein, sie bewusst wahrzunehmen. In irgendeiner Form auf sie zugehen, uns nicht aufdrängen, aber signalisieren, dass sie uns nicht gleichgültig sind. Dem in die Ewigkeit gegangenen "Massenmörder" gern vergeben können, aber dem lebenden Nachbarn jenseits des Gartenzauns nicht? "Jeder ist aufgefordert, das Seine dazu beizutragen, damit allen Menschen geholfen werden kann!"
Dabei authentisch sein, so, wie der Vater im Gleichnis sich aufrichtig freut, seinen Sohn wiederzuhaben. Das hat nichts Aufgesetztes. Der Vater, der sich aber auch die Zeit nimmt, sich dem Sohn zuzuwenden, der sich zurückgesetzt und nicht ausreichend wertgeschätzt fühlt. Das waren des Bischofs Worte, bevor er die Feier des heiligen Abendmahls einleitete, in dem Gott sich uns schenkt. Aus Gnade.