Im süddeutschen Ferienmonat August waren doch nicht alle gleichzeitig unterwegs. Es gab eine (fast) volle Kirche.
"Alle eure Sorge werfet auf ihn; denn er sorgt für euch."
(Chorbuch für den neuapostolischen Gottesdienst Nr. 153, Text 1. Petr. 5, 7)
Das hatte der Gäuchor unmittelbar vor Beginn des Gottesdienstes gesungen, damit Zuversicht und Vertrauen ausdrückend. Was aber nicht bedeutet, sich entspannt zurücklegen und alles einfach auf sich zukommen lassen zu können. Sollte der Gedanke aufgekommen sein, so wurde er mit dem Chorlied zu Beginn des Gottesdienstes verscheucht: "Sieh ich breite voll Verlangen sehnlich meine Arme aus, ..." . (Gesangbuch der Neuapostolischen Kirche Nr. 131, Text Eleonore Fürstin Reuß 1835 - 1903) Das wurde mit Klavierbegleitung, drängend und Stakkato artig vorgetragen. Alles andere als abwartend. Vielmehr keine andere Möglichkeit zulassend, als, wie es im Text weiter heißt: "... dich, Herr Jesus, zu empfangen, ..." Darauf ging Apostel Schnaufer anschließend ein, indem er die Frage stellte: Wie kommen wir in den Gottesdienst - voller Erwartungen, in Dankbarkeit, freudig, einander wiederzusehen, mit Vorfreude auf die Begegnung mit dem Herrn? Entscheidend ist die innere Einstellung: voll Verlangen, hungrig auf Gottes Wort, in demütiger Grundstimmung unserer Seele. Das ist alles andere als eine Konsumhaltung, so mit verschränkten Armen ausdrückend, jetzt muss aber "geliefert" werden, wenn ich schon meine kostbare Zeit hier aufwende. Das wäre kein Verlangen, sondern eine Erwartungshaltung. Das Verlangen geht auch nicht in Richtung des Dienstleiters, sondern es ist auf Gott gerichtet, der zu uns reden will. Warum bin ich denn da? Diese Frage sollten wir uns auch stellen, wenn uns etwas stört und wir "jetzt aber nicht mehr kommen können". Bei dieser Reaktion sollte man sich fragen, ja, warum bin ich denn seither in den Gottesdienst gegangen? Doch deshalb, weil ich Gott erleben möchte. Nicht mein Denken ist maßgebend. Ich will Gottesdienst feiern. Das heilige Abendmahl erleben. Mich auf Jesus` Wiederkunft vorbereiten. Meinen Beitrag zur Gemeinde leisten. "Meckern" könnte man aus vielerlei Gründen. Sicher, Zweifel gehören zum Glauben dazu. Aber es geht nicht darum, die Bestätigung für seine eigene Denkweise zu bekommen. Sondern darum: Lieber Gott, was sagst du dazu?
In welcher Haltung komme ich? Voll Verlangen. Weil Gott mich so liebt, wie ich bin. Er hat sich für mich entschieden. Deshalb möchte er uns auch immer wieder helfen. Er kennt uns. Auch die Verhältnisse, in denen wir leben. Anders, als es sonst im Leben so ist, sieht er auch das, was wir wollten und nicht geschafft haben. Ergebnisunabhängig. Er ist getreu.
"Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen." (Textwort des Gottesdienstes, aus Mt 6, 13) Auch in der Versuchung befinden wir uns in einer Entscheidungssituation, begann der Apostel auf das eingangs verlesene Bibelwort einzugehen, eine der Bitten, die in jedem Gottesdienst mit dem Vaterunser ausgesprochen werden. Erspare mir das doch, könnte der Wunsch ausdrücken. Aber, bei allem, was wir zu bewältigen haben, können wir sicher sein: Gott will, dass wir uns aus eigenen Stücken frei entscheiden. Letztlich wird er uns dabei helfen, das Böse besiegen zu können. Er, der um alles weiß. Er sagt, komm einfach her. ich will dich weiterführen.
Der Gottessohn selbst machte eigene Erfahrungen mit Versuchungen, die sicher nicht alle in der Bibel geschildert werden. Nach 40-tägigem Fasten trat Satan an ihn heran. Er könne doch Steine zu Brot machen, als Gottessohn, oder? Darin ist das Teuflische enthalten - klappt es nicht, dann ist das der Beweis: Gott ist nicht dein Vater. Scheinbar nur eine Detailfrage, aber tatsächlich steckt alles Grundsätzliche darin. Jesus hilft der Blick auf seinen Vater, der sagt, der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Der Gedanke, Gott liebt mich nicht, sonst könnte es dies und jenes gar nicht geben? Würde bedeuten, dass wir uns anmaßen, Gottes Liebe an unseren Vorstellungen zu messen. Seine Priorität ist unser Seelenheil. Eigene Wünsche, das Streben nach irdischen Vorteilen sind ein Klotz am Bein beim Blick auf das Ewige.
Jesus hätte die Gabe gehabt, mit seiner göttlichen Natur das Irdische zu ändern. Dafür hat er die aber nicht genutzt. Wollen wir unsere Gaben fürs Irdische verwenden? Wenn es uns gut geht, wir im Leben Erfolg haben, dann ist das nichts Verwerfliches. Wir dürfen uns nur dadurch nicht verführen lassen. Vielmehr die eigene Person richtig positionieren: Herr, hilf mir, den richtigen Schwerpunkt zu setzen. Der Teufel zeigte Jesus allen Reichtum der Welt. "Wenn du mich anbetest, dann ..." Jesus hatte den Blick auf seinen Vater gerichtet. Den galt es anzubeten und auf scheinbar anderen Vorteil zu verzichten. Jesus hat es vorgelebt als unser Vorbild.
Als der Psalmist sah, dass es den Gottlosen so gut ging (Ps 73), da ging er ins Heiligtum und kam zu der Gewissheit, dass Gott ihn bei "seiner rechten Hand hielt". Das allein war wichtig. Reich sein, beruflich reüssieren, wunderbar, aber auf das "Kleingedruckte" achten: Welchen Preis muss ich dafür zahlen? Entscheidend ist die innere Einstellung dazu. Jeder Kompromiss mit dem Bösen hat seinen Preis. Jesus kam nicht als "Wunderheiler". Er wollte nie die Sensation. Ihm ging es um die Erlösung der Seelen. Ich habe so viel getan und jetzt muss ich das erleben? Menschlich verständlich, diese Reaktion. Aber wichtig ist, Jesus vor Augen zu haben, der sagte, "...Wer an mich glaubt, der hat das ewige Leben." (Joh 6, 47).
Wir wollen uns den Glauben stärken lassen und ihn nicht an irdischen Dingen festmachen. "ich will so schnell wie möglich in die ewige Gemeinschaft mit Christus kommen. Wenn man sich den Augenblick seiner Wiederkunft vorstellt, dann kann das jede Motivation dafür sein, das möglichst schnell erleben zu wollen."
Priester Victor Bauer, Vorsteher der Gemeinde Ammerbuch-Pfäffingen, verwies darauf, wie unwichtig eigentlich die äußeren Umstände sind. Ein Paar, das sich liebt, kann die Zweisamkeit bei einemPicknick genau so hoch schätzen wie das kostspielige gemeinsame Erlebnis eines Essens in einem Sterne-Restaurant. Wichtig ist nur die Gemeinschaft. So ist es auch mit der göttlichen. Klar, es wird immer wieder Störversuche geben. Egal, welcher Art die sind - wichtig, immer die Nähe zu Gott zu suchen, so, wie Jesus es vorgelebt hat. Zweifel können äußerlich "nagen". Eine gesunde Seele sollte davon aber im tiefsten Inneren nicht angefochten werden und sich nicht verunsichern lassen.
Weil Jesus das Böse besiegt hat, gibt er uns den Sieg (vgl. 1. Kor 15). , leitete der Apostel zur Feier des heiligen Abendmahls über, dem Höhepunkt eines jeden Gottesdienstes. Dass das Opfer Jesus` zu unserem Sieg wird, können allenfalls wir selbst verhindern. Zum Beispiel, indem wir sagen, na ja, so viel muss mir nun nicht vergeben werden, oder, na ja, damit ist der Gottesdienst dann bald zu Ende... Aber, wenn wir die richtige Einstellung haben, dann wissen wir: Ich brauche die Gnade, deshalb erlebe ich jetzt den Höhepunkt des Gottesdienstes. Gott liebt dich, wie du bist. Du sollst Gnade haben. "Mein Leib und mein Blut, für dich gegeben, das ist unsere Zukunftsperspektive für die ewige Gemeinschaft mit Gott."
Ein Priester aus der Gemeinde Gäufelden-Nebringen wurde vom Apostel in den Ruhestand versetzt. "Danke - für 42 Jahre Amtsträger sein, davon 36 als Priester!" Da hat man viel gesehen in all den Jahren, was Spuren hinterlässt. Besonders, wenn man, wie der Priester, es sich zur Aufgabe gemacht hat, in Heimen lebende Glaubensgeschwister seelsorgerlich zu betreuen. Der Dank galt auch der Familie des Priesters, die seine Entscheidung, ein Werkzeug in Gottes Hand sein zu wollen, mitgetragen und unterstützt hat. Einen großen Blumenstrauß "seiner" Gemeinde bekam er und dazu alle guten Wünsche für einen erlebnisreichen und freudigen Ruhestand. Auch und nicht zuletzt in seiner Gemeinde, die jedes Gebet und jeden Reichtum an Erfahrungen brauchen kann.
"Macht es gut bis zum nächsten Mal", so der Wunsch des Apostels zum Schluss. Und als Anspielung auf die Urlaubszeit kam vorher noch die "Ermahnung", trotz aller Vorteile des Urlaubs die Rückkehr in die Heimatgemeinde nicht außer Acht zu lassen.