Drei kleine Kinder empfangen das Sakrament der Heiligen Versiegelung.
"Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit."
(Refrain Lied Nr. 259, Gesangbuch der Neuapostolischen Kirche, Text Paul Gerhardt (1607 - 1676)
Unter anderem die Melodie dieses Lieds spielte das Tübinger Gemeindeorchester - an diesem Sonntag in vergrößerter Besetzung auftretend - vor dem Gottesdienst. Auch danach musizierte sie, während für den Gesang im Gottesdienst, außer der Gemeinde, ein gemischter Chor sorgte, bestehend aus Tübingern und ebenfalls eingeladenen Glaubensgeschwistern aus Rottenburg und Ammerbuch-Pfäffingen. Dirigent war Markus Herr. An der Orgel spielte Jan-Thilo Bayer. Bei allen bedankte sich Apostel Martin Schnaufer nach dem Gottesdienst ganz herzlich für ihr Mitwirken.
"Doch darüber freut euch nicht, dass euch die Geister untertan sind. Freut euch aber, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind." (Lk 10, 20). Der Apostel erläuterte den Kontext des zu Beginn verlesenen Bibelworts. Jesus hatte, laut Lukasevangelium, 72 Jünger ausgesandt mit dem Auftrag, vom Reich Gottes zu predigen. Sie erlebten eine besondere Kraft in sich, als sie das taten. In Gottes Namen zu handeln, das hatte sie beflügelt. Jesus aber war es wichtig, ihren Blick auf das zu lenken, was ewigen Bestand hat. Es kann ganz schnell im Irdischen alles völlig anders sein. Jesus wusste um Verfolgung und Bedrängnis. Deshalb sein Rat, sich nicht an dem festzuhalten, was keinen dauerhaften Bestand hat. Sondern an dem, was Ewigkeitswert hat: Dass ihre Namen im Himmel geschrieben sind.
Der Mensch neigt dazu, die Freude am eigenen Tun - zumindest auch - vom möglichst positiven Resultat abhängig zu machen. Aber es kann schon befriedigen, überhaupt etwas zu tun, besonders, wenn es in Gemeinschaft geschieht. Jeder Christ lebe seinen Glauben und verkündige das Wort Gottes. Getragen von der Freude, wahrnehmen zu dürfen, dass Gott ihm die Erkenntnis geschenkt hat, dass Jesus als wahrer Mensch und Gott für alle Menschen das Heil gebracht hat. Paulus erlebte, als er die Frohe Botschaft verkündete, dass Gott, der Herr, einer Frau, die zuhörte "das Herz öffnete". Warum gerade sie es war - weiß man nicht. Auf jeden Fall ein Grund zur Freude, von Gott das Geschenk zu bekommen, glauben zu können. Das gilt es festzuhalten, egal, wie die irdischen Verhältnisse auch sein mögen.
Wir dürfen glauben, dass Christus wiederkommen wird. Das Sehnen danach will gepflegt sein. Das bedeutet, Im Herzen das Verlangen zu haben, ihn zu sehen, ihm in die Augen sehen zu können. Nein, es ist nicht verboten, auf Gottes Hilfe im Irdischen zu hoffen. Darauf, dass er uns Chancen gibt, die wir nutzen dürfen. Aber unser Blick soll darüber hinausgehen. Das Irdische kann morgen vorbei sein. Bei allen diesen Unwägbarkeiten gibt es die Zusage - Du bist im Himmel angeschrieben. Was nicht nur für uns gilt.
Jesus damals stand traurig vor Jerusalem: Er hatte allen das Heil zukommen lassen wollen, aber - "Ihr habt es nicht gewollt." Jeder Mensch hat seinen freien Willen. Kann selbst entscheiden, ob er die von Liebe getragene Einladung annimmt. Gott will jedem helfen. Und er gibt mir die Aufgabe, mitzuhelfen. Er neigt sich zu mir, dem Sünder. Er gibt mir die Chance, Jesus` Wesen anzunehmen.
Vor dem Bösen müssen wir nicht kapitulieren. Aber immer im Blick haben, dass Gottes Reich nicht von dieser Welt ist. Und uns daher unabhängig machen vom Zeitgeist. Dem Teufel entsagen und sich Gott übergeben, wie es im Konfirmationsgelübde heißt. Nie wieder sündigen? Ich kann darum kämpfen. Die Kraft dazu gibt mir der von Gott empfangene Heilige Geist.
Nein, man kann sich nicht immer über alles freuen. Aber eins hat Bestand: Die Freude darüber, dass Gott da ist. Auf welchem Weg der Einzelne auch gerade gehen mag. Immer ist die Orientierung an Christus das Maß aller Dinge. "Daran habt eure Freude!"
Bezirksevangelist Werner Lampprecht fasste das Gehörte zusammen in der Aufforderung: "Schaut auf das Wesentliche!" Eine Firma, die Bestand haben will, braucht Kräfte, die über den Tag hinausschauen können, die eine Vision haben. Und sie braucht Mitarbeiter, die das den Kollegen vermitteln können, damit die Mannschaft die Vision mitträgt. Z. B., dass es Sinn machen kann, um eines bestimmten Ziels willen im Moment zu sparen. Hat man das Wesentliche im Blick, dann kann man das Ziel auch dann nicht aus dem Blick verlieren, wenn um einen herum Chaos herrscht. "Wir wollen in unserer `Firma` denen folgen, die die Vision wachhalten."
Der Apostel weiter: Unsere eigenen Werke reichen nicht, um das Ziel des Glaubens zu erreichen. Der Mensch läuft schnell Gefahr, sein Tun in den Vordergrund zu stellen: Ich trete in Vorleistung und damit ist Gott in "Zugzwang"? Diesen Zusammenhang gibt es nicht. Gott muss nicht "liefern". "Wir wollen Gott in Demut, Zurückhaltung und mit dem gebotenen Respekt gegenüber treten und dankbar sein für sein Geschenk der Gnade. Im Heiligen Abendmahl haben wir Gemeinschaft mit Christus. Dazu soll unsere Gemeinschaft passen. Freue dich darüber, diesen Höhepunkt des Gottesdienstes zu erleben."
Zum Empfang des Sakraments der Heiligen Versiegelung durch den Apostel kamen drei kleine Kinder, getragen von ihren Eltern, nach vorn an den Altar. Zu Beginn richtete Schnaufer ein paar Worte an die Mütter und Väter: "So viel Freude bei den Eltern, wenn ihnen ein Kind geschenkt wird.", begann er. Sie wollen ihm all ihre Liebe schenken. Eigentlich soll es nur Freude haben dürfen. Aber das wird nicht zu 100 Prozent gelingen. Man kann Kindern die Dinge nicht ersparen, die etwas weniger erfreulich sind. Klassenarbeiten, Streit, Liebeskummer... Im Irdischen ist halt nichts verlässlich. Aber es gibt eine Sicherheit - Jesus schreibt den Namen des Kinds ins Buch des Lebens ein. Es gibt eine besondere Verbindung zu Gott. Die Freude darüber können wir den Kindern vorleben. Vorträge bewirken da nichts. In vielen Dingen muss der Mensch immer wieder kämpfen. Strahlt man selbst diese Freude aus, können sie spüren, dass sie echt ist. "Kindern das zu vermitteln, ist eine wunderbare Aufgabe. Mit Gott habt ihr jemanden an eurer Seite, der allmächtig ist und euch die nötige Kraft schenkt."
Nach dem Gottesdienst zog es einige jugendliche SängerInnen noch zum der Kirche schräg gegenüber liegenden Seniorenheim. Dort wohnen auch Tübinger Glaubensgeschwister. Sie sind zum Teil nicht mehr in der Lage, die Gottesdienste zu besuchen, auch wenn der Weg dahin nur ganz kurz ist. Sie sollten mit Liedern, extra für sie gesungen, eine besondere Sonntagsfreude erleben.