Ein Fazit: Ohne Veränderungen gibt es auch keine Verbesserungen.
"Herr, auf dein Wort will ich bauen, denn dein Wort vergehet nicht."
(aus Vers 2, Nr. 105, Chorbuch für den neuapostolischen Gottesdienst, Text Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf, 1700 - 1760)
Unter anderem dieses Lied sang der Seniorenchor, der für die musikalische Begleitung des Gottesdienstes sorgte, den Bezirksvorsteher Klaus von Bank leitete. Der begann mit einem "Herzlich willkommen. Schön, dass ihr da seid." Nicht alle, die zum altersmäßig weit gefassten Kreis der Senioren zählen, haben noch die Möglichkeit, einen Gottesdienst besuchen zu können. Natürlich - in des Wortes ursprünglicher Bedeutung - ist es, dass in späteren Lebensjahren Leistungsfähigkeit, Ausdauervermögen, Bewegungsfähigkeit nachlassen. Natürlich unschön. Klagen hilft da nichts. Aber man kann mit Gottes Hilfe versuchen, immer das Beste daraus zu machen.
Dazu kommt, sich Veränderungen stellen zu müssen. War doch schon immer so. Aber nie ging das so schnell wie heutzutage? Wer will das so genau wissen. Aber, bei alledem hat der Ältere den Jüngeren etwas voraus: Ein Jahrzehnte langes Leben, Arbeiten, Leistung, Erfahrungen ... das alles kann es leichter machen, mit dem Hier und Jetzt fertig zu werden. "Außerdem, Gutes tun kann man immer, egal, wie die Umstände um einen herum sind und sich entwickeln."
Der Bezirksvorsteher ging nun auf das eingangs verlesene Textwort ein: Denn gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahin zurückkehrt, sondern feuchtet die Erde und macht sie fruchtbar und lässt wachsen, dass sie gibt Samen zu säen und Brot zu essen, so soll das Wort, das aus meinem Munde geht, auch sein: "Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende." (Jes 55, 10, 11). Der Prophet sprach diese Worte zu einer Zeit, in der es dem Volk Israel schlecht ging. Gefangenschaft in Babylonien und kein Ende in Sicht. Nur "Durchhalteparolen", die da von ihm kamen? Und jetzt in diesen Versen des Textworts die Bekräftigung: Das, was ich tun will, wird mir auch gelingen. Mit dem Bild des Regens, der seinen Sinn und Zweck hat, weil er dazu beiträgt, dass aus Samen Frucht werden kann. Nur scheinbar versickert er nutzlos in der Erde. So ist es mit Gottes Wort. Da mag zunächst keine Veränderung sichtbar sein und trotzdem - es wirkt. So musste das Volk Israel in der Knechtschaft in Ägypten viel länger verbleiben, als es gedacht hatte. Dann Jahrzehnte lang durch die Wüste ziehen. Viele von ihnen waren bereits verstorben, ehe das verheißene Land betreten werden konnte. Gottes Gedanken sind andere als die der Menschen.
Gotteskinder heute erleben auch Veränderungen. "Berge" und "Hügel" fallen, von denen man geglaubt hat, sie seien unveränderlich. Menschliche Erwartungen und Berechnungen - und es kommt ganz anders. Plötzliche Schicksalsschläge und in Sekundenbruchteil ist nichts mehr, wie es vorher war. Gesellschaftliche Veränderungen gab es immer. Mancher Soziologe sah vor Jahren bestimmte Säulen der Gesellschaft als unveränderlich stabil - dazu wurden auch mal die christlichen Kirchen gezählt. Und heute - ist der christliche Glaube auf dem Rückzug. Schließlich muss man nicht Christ sein, um seinen Mitmenschen im Guten zu begegnen. In unserer Kirche hat sich der Schwerpunkt der Kirche von Europa nach Afrika verlagert. Acht von neun Millionen neuapostolischen Christen leben heute auf diesem südlichen Kontinent. In unseren Breiten werden Gemeinden zusammengeführt. Früher hat man Wachstum als Indikator für die Nähe der Wiederkunft Christi angesehen. Es waren mal elf Millionen neuapostolische Christen, jetzt sind es noch neun - da ist auch ein "Hügel" gefallen. Als wegen Änderungen der politischen Verhältnisse jenseits des ehemaligen Eisernen Vorhangs Missionsarbeit möglich wurde, da gab es die Überzeugung, jetzt, wenn dort Zugang zu so vielen Menschen möglich ist, da ist das Kommen des Herrn nicht mehr weit? Völlig nachvollziehbar, dieses menschliche Denken. Aber das Einzige, was gilt und Bestand hat, ist Gottes Wort. Er will tun, was er zugesagt hat. "Ihm wird gelingen, was er verheißt."
Carsten Dehner, Gemeindeevangelist in Herrenberg, stellte den Reichtum fest, den er, sozusagen generationenübergreifend, im Monat März 2019 erleben durfte: Entschlafenengottesdienst, Jugend-, Kinder- und Seniorengottesdienst, jeweils für den ganzen Bezirk Tübingen. Zum Textwort hieß es, mit dem Bild vom Wachstum passe es wunderbar zur aktuellen Jahreszeit. Samen, Wachstum, Blüte, Frucht - so ist Gottes Schöpfung. In Erfüllung der Noah einst gegebenen Zusage, dass, solange die Erde besteht, Saat und Ernte nicht aufhören werden. So ist es auch mit dem göttlichen Wort. Da mag es Veränderungen geben. Zwar ist nicht automatisch alles besser, weil anders. Aber ohne Veränderungen kann nichts besser werden. "Wir wollen uns an Gottes Wort messen, uns ändern, damit es Früchte geben kann und wir Jesus immer ähnlicher werden." Es geht nicht um eine Zahl, die erreicht sein muss, damit Christus wiederkommt. Vielmehr um den Zustand der Brautgemeinde: Wie steht sie in der Liebe zum Herrn? Zum Nächsten? Der Reifegrad dieser "Früchte" ist ausschlaggebend."
Klausjürgen Zahn, Gemeindeevangelist in Tübingen und an diesem Sonntagmorgen auch Organist, war schon sehr früh nach Herrenberg gekommen. Als nach und nach die Gottesdienstbesucher eintrafen, da habe er bei ihnen eine freudige Erwartungshaltung spüren können: Ich bin heute hier eingeladen. Üblich ist, dass der Gast ein Gegengeschenk mitbringt. Das sollten sein die Vorbereitung auf den Gottesdienst, Vorfreude, eine Wertschätzung des Gottesdienstes. Wer älter ist, ist auch in Veränderungen erfahren. In der Familie zum Beispiel das Erwachsenwerden der Kinder. Er hat Krankheiten erduldet und Highlights erlebt. Er weiß, der Glaubensweg ist kein Spaziergang. Wohl aber ein wunderbares Sammeln von Erfahrungen. "Ihr seid Botschafter an die Jugend. Ihr wisst - Gott ist die Liebe, aber er wird uns immer wieder mit Veränderungen herausfordern."
Bezirksvorsteher Klaus von Bank wusste anschließend um den Wert einer Geschäftsführung, die doppelgleisig fährt: Der Senior hat die Erfahrung, der Junior ist immer auf dem neuesten Stand der Entwicklung. Beides wertvoll - die gesammelten Schätze der Älteren und die Übernahme der Regie durch Jüngere. Damit ist sicher: Es geht weiter!
Bei der Vielzahl der anwesenden Vorsteher sollte noch einer der Jüngeren einen Beitrag leisten: Jochen Kienle, Gemeinde Bondorf. Die war am Sonntag vorher Gastgeberin für den Kindergottesdienst gewesen. Ihr Vorsteher hatte sich kritisch hinterfragt - hast du dich auf den Gottesdienst heute, mit den Älteren, genauso gefreut wie auf den mit den Kindern? Er war zu dem Ergebnis gekommen, dass eigentlich Gottesdienste für verschiedene Gruppen gar nicht nötig sind. Vor Gott haben alle unsterbliche Seelen. Er möchte alle zu sich ziehen. Und das Problem mit den Veränderungen - aus jüngerer Zeit wusste er als Vater zu berichten, dass schon Vierjährige heftigst protestieren, wenn sich etwas ändert. Das geht gaaar nicht! "Wir wollen in der Liebe wachsen, da haben wir ein großes Stück Arbeit vor uns. Viel Erfolg dabei, untereinander Freude auf den Tag des Herrn zu verbreiten. Dieses Ziel wollen wir in unseren Herzen wachhalten."
"Wenn man das Ganze sieht, dann fällt es uns leichter, die Gegenwart im richtigen Licht zu sehen.", fasste von Bank noch einmal zusammen. "Es gibt aber auch Dinge, die nie aufhören: Das Opfer Jesu hatte und hat immer dieselbe Bedeutung und Kraft." Nach der Feier des heiligen Abendmahls wusste auch davon der Chor noch einen Vers zu singen:
"O Friede, Gottes Friede, wie innig füllest du
mein Herz und mein Gemüte, wie köstlich deine Ruh!
Du hast mir Kraft gegeben und richtest neu mich auf,
erfüllest ganz mein Leben und meiner Tage Lauf."
(Chorbuch Nr. 297, Vers 1, Text Karl Müller, 1914 - 2000)