Fast die gesamte musikalische Gestaltung des Gottesdienstes in Jettingen übernahm die Instrumentalgruppe des Bezirks Tübingen.
"Herr, weil mich festhält deine starke Hand, vertrau ich still.
Weil du voll Liebe dich zu mir gewandt, vertrau ich still.
Du machst mich stark, du gibst mir neuen Mut,
ich preise dich, dein Wille, Herr, ist gut."
(Chorbuch für den neuapostolischen Gottesdienst Nr. 178, Musik Charles Henry Purday, 1799 - 1885)
Eine halbe Stunde vor Beginn des Gottesdienstes spielte ein Streichquartett zur Einstimmung dieses Lied. Die Vier blieben nicht lange allein, denn nach und nach kamen weitere Mitspieler dazu: eine Mutter (Cello) und ihr Sohn (Posaune) sowie zwei weitere Spielerinnen (Blasinstrumente) vervollständigten nach und nach das Ensemble. Beim Dirigieren wechselten sich zwei Spielerinnen ab, Dorothea Breindl und Janina Rentschler. Erich Maier, Gemeindevorsteher in Jettingen, der den Gottesdienst leitete, begrüßte die Spieler. Man sah ihm seine Freude über diese Bereicherung des Sonntagmorgens in seiner Gemeinde an. Zusammen mit der Orgelspielerin, Nachbarschaftshilfe aus Öschelbronn, begleitete das Ensemble auch das von der Gemeinde gesungene Eingangslied. Zusammen mit den Instrumenten wurde mit viel Schwung und Empathie gesungen, und zwar alle fünf Verse. Für etwaige sonntagmorgendliche Müdigkeit blieb da kein Raum.
"Liebe Jugendliche, liebe Glaubensgeschwister aus nah und fern, herzlich willkommen zum Gottesdienst!", hieß es zu Beginn. Da ist manches Opfer gebracht worden, damit alle heute Morgen hier sein konnten. Es ist schön, einen Mittelpunkt zu haben, um die eigene Orientierung zu finden. Das ist unser Glaube, der uns treibt, uns Freude gibt, um mitarbeiten zu können. Wenn es auch "nur" ein Spruch aus dem Poesiealbum ist - die Freude, die wir geben, kehrt ins eigene Herz zurück.
Erich Maier war ein Chorlied vom Gottesdienst am Mittwochabend zuvor nicht aus dem Kopf gegangen. "Ihr seid das Salz der Erde..." (Chorbuch Nr. 392, Text Martin Arzt, geb. 1959). Wenn es an einer Speise fehlt, das Salz, merkt man es sofort. Obwohl man es nur in geringen Dosen gebrauchen darf. Salz kann auch Eis auftauen. Deshalb braucht es auf der Erde gläubige Menschen, ohne die Kälte und Lieblosigkeit regieren würden. Auch ohne den Gebrauch von Ellenbogen und bösen Worten lässt sich etwas bewirken.
"Denn wir predigen nicht uns selbst, sondern Jesus Christus, dass er der Herr ist, wir aber eure Knechte um Jesu willen." (2. Kor 4, 5) Das Textwort für diesen 15. Juli war ganz bewusst ausgewählt. Das Kapitel, dem es entnommen ist, ist überschrieben: "Das Licht des Evangeliums im Amt des Apostels." Am 14. Juli 1835 hatten sich in England zwölf Männer zum ersten Mal als Apostel - die ersten der Neuzeit - zusammengefunden. Der Vorläufer der Neuapostolischen Kirche, die Katholisch-Apostolische, wurde gegründet. Daran sollte mit dem Gottesdienst erinnert werden, an die Sendung der Apostel in alter und in neuer Zeit. Mit der "Verteidigung des Apostels gegen persönliche Angriffe" setzt Paulus sich im zehnten Kapitel des Zweiten Briefs an die Korinther auseinander. Auch mit persönlichen Schwächen - Paulus war vermutlich kein guter Redner, wohl aber beeindruckend "aus der Ferne in den Worten unsrer Briefe". (Vgl. 2. Kor 10, 11). Entscheidend waren und sind nicht ihre persönlichen Fähigkeiten und ihre menschlichen Schwächen, sondern, dass die Apostel von Christus gesandt waren und sind.
Weiter nicht hinweg zu denken ist die Gnade, die Gott gibt. In den Sakramenten, die die Apostel spenden. Dazu zählt die Vergebung der Sünden. Gott gibt Gnade denen, die sich aus ehrlichem Herzen um Vergebung ihrer Schuld bemühen. Und darum kämpfen, anderen vergeben zu können. Das Bemühen ist das Entscheidende. So wie im Konfirmationsgelübde der "ernsthafte Vorsatz, Gott treu zu sein", zählt.
Und Opferbereitschaft ist vom Menschen gefordert - der Zehnte? Bei dem, der vom Existenzminimum leben muss, eigentlich nicht möglich. Ob es immer der Zehnte sein kann - jedenfalls entscheidend ist, einen Teil des uns gegebenen Gutes zu opfern. Das kann auch Zeit sein - wie es die Musiker getan hatten, die noch eine abendliche Probe in der Jettinger Kirche vor dem Spielen im Gottesdienst heute absolviert hatten.
Der Maßstab, wie wir mit dem Nächsten umgehen sollen? Ein lesbarer Brief Christi sein, heißt es. Wie soll das gehen? Wir verurteilen unseren Nächsten nicht. Wir verurteilen das Böse, aber nicht unseren eventuellen Feind. Wir lassen uns versöhnen mit Gott durch den Opfertod Jesus`(vgl. 2. Kor 5, 20). Über allem steht die Gnade. Nur muss unsere Herzenseinstellung stimmen. Und auch unser Tun, denn "reden kann jeder." Das, was wir im Herzen tragen, auch ausstrahlen. Das wurde sogleich von den Musikern lautstark mit dem Wunsch nach tausend Zungen ausgedrückt, die ein Loblied zur Ehre Gottes anstimmen sollten (Nr. 262 Gesangbuch für den neuap. Gottesdienst, Melodie Johann Balthasar König, 1691 - 1758).
Ein Priester aus der Gemeinde Jettingen stellte die Frage: Apostel - Wofür? Wir sind doch alle aufgeklärte Menschen. Die wissen, wo es lang geht. Aber wenn einen niemand anleitet? Ein Beispiel aus dem praktischen Leben. Da hat man den Karton nebst Inhalt in einem bekannten schwedischen Möbelhaus erworben. Und jetzt bau mal das Regal zusammen. Niemand leitet einen an. Risiko - vielleicht kommt ein brauchbares Möbelstück zustande oder aber - Sperrmüll.
"Wenn ich an die Sakramente glaube, dann kann ich daraus Kraft ziehen. Uns dazu den richtigen Weg zu weisen, dafür sind die Apostel da.", fuhr der Vorsteher fort. Auch das wurde musikalisch bestärkt von der Instrumentalgruppe: "Die Gewissheit des ewigen Lebens hat mir Gott durch Apostel geschenkt." (Chorbuch Nr. 198, Musik Rudolf Rödiger, 1917 - 2006). Zu bewundern waren die passende Auswahl der Musikstücke und ihre Ausführung. In beiderlei Hinsicht traf das Ensemble immer den richtigen Ton.
"Vielen Dank für euer Kommen. Fast bis an den Rand des Kirchenbezirks Tübingen, wo bald der Bezirk Nagold anfängt.", bedankte sich Erich Maier. Und lud ein, noch ein wenig bei Kaffee und Getränken beisammen zu bleiben.