Es war nicht nur schön warm, sondern auch schön im Gäu...
"Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden." (Mt 6, 10)
... Weil es so warm war an diesem Abend, hatte Bondorfs Gemeindevorsteher, so der Apostel zu Beginn, den Vorschlag gemacht, den Gottesdienst vielleicht doch besser in die Räume im Souterrain zu verlegen? Ob das durchführbar gewesen wäre, stehe dahin. Schnaufer nahm den Vorschlag zum Anlass, auf den Reichtum aufmerksam zu machen, der darin liegt, dass es Segensträger gibt, die uns verstehen. Und dass es in einer Gemeinde so sein sollte, dass einer für den anderen da ist. Und dass in einem Gottesdienst spürbar wird, dort ist ein anderes Leben, egal, wie zuvor der Tag des Einzelnen gewesen ist. Zur Begegnung mit Gott gehört es, zu verspüren, da ist etwas, das über das Irdische hinausgeht. Nur dann ist der Gottesdienst ein Gottesdienst für die Seele. Die so daraus Gedanken mitnehmen kann für den Alltag. Ein anderer Apostel habe gesagt, dass der Heilige Geist nie komplette Sätze mitgibt. "Nur" Impulse. Die dann in die richtigen Worte umzusetzen, dass sei das Schwierige im System. Aus dem heraus der Wunsch an den lieben Gott folgt, sein Werkzeug, der Mensch am Altar, möge die göttlichen Gedanken erfassen und die menschlichen Worte mögen vom himmlischen Vater gelenkt werden. "Lasst uns so gemeinsam in diesen Gottesdienst hineingehen, das soll unsere Zielsetzung sein, um das richtige Erleben zu haben!"
"Ein Textwort aus dem Vaterunser", hieß es weiter (siehe Eingangszitat.). "Dein Wille geschehe.", was heißt das? Gott ist der Allmächtige. Er tut, was er will. Was nicht im Sinne von "er handelt beliebig" zu verstehen ist. Vielmehr: Er hat die Macht, seinen Willen durchzusetzen. Aber er hat seinem Willen eine Grenze gesetzt - unseren Willen. Damit wir errettet werden können, ist es an uns, zu entscheiden: Dein Wille geschehe. Sicher ist, dass Gott unser Heil will. Punkt! Da spielt es keine Rolle, was wir erleben. Egal, ob Gutes und auch Schlechtes. Siege und auch Niederlagen.
Wie geschieht Gottes Wille im Himmel? Gott ist dreieinig, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Aber letztlich ist es der eine Gott, der handelt. Im Himmel ist absolute Übereinstimmung. Und so soll es auch auf Erden sein. Gott prüft unseren Glauben? Das braucht er nicht. Den kennt er besser als wir selbst. Da hat sich mancher schon falsch eingeschätzt, als er feststellen musste, dass er über eine Kleinigkeit stolpern konnte. Nichts war es da mehr mit dem angeblich so festen eigenen Glauben. Wenn es keine oder eine aus unserer Sicht sehr verspätete Gebetserhörung gibt, hat Gott hat nicht die Absicht, uns "zappeln" zu lassen. Vielmehr weiß er, was wann gut ist für uns. Und Prüfungen sind kein Test. Vielmehr zeigen sie uns unsere eigenen Beschränkungen auf. Wie dem Schüler, der durch die schlechte Note merkt, wo er noch etwas tun muss.
Das Beispiel ist Jesus. Mensch und Gott zugleich. Aber immer hat er auf seinen Vater geschaut. "Ist es möglich, dann möge der bittere Kelch des Kreuzestods an mir vorübergehen, aber nicht mein, sondern dein Wille geschehe." Und Christus kannte die Distanz zu Gott, in die die Seele hineingeraten kann und die in seine Frage mündete, mein Gott, hast du mich verlassen?
Glauben heißt, etwas anzunehmen, auch wenn wir es nicht verstehen. Glaube ist unabdingbar, auch wenn man noch so sehr versucht, selbst Zusammenhänge aufgrund eigener Erkenntnisse herzustellen. Zum Willen Gottes gehört, dass wir glauben. Nach seiner Auferstehung ist Jesus nur denen erschienen, die schon vorher an ihn geglaubt hatten. Jesus kam nicht auf die Erde, um die irdischen Probleme der Menschen zu lösen. Er wollte nicht der Wundertäter sein, sondern ihm ging es um die Erlösung der Seele. Heute ist es die Aufgabe des Apostelamts, den Glauben an die Wiederkunft Christi lebendig zu halten.
Es ist der Wille Gottes, ihn seitens der Menschen wiederzulieben. Der menschlichen Natur entspricht es, zu verhandeln: Ich mache dies, dann ist Jenes die Gegenleistung. Ich tue alles Menschenmögliche, aber jetzt ist Gott auch mal dran? Gottes Willen aus der Liebe heraus tun und nicht aus einer Erwartungshaltung, darum geht es.
Wir beten: Dein Wille geschehe, weil wir auf einem wunderbaren Weg sein dürfen, wie im Himmel, so auf Erden. Als Jesus auf seinen Opfertod zuging, lag ihm in seinem hohepriesterlichen Gebet daran, dass die, die an ihn glauben, alle eins seien. (vgl. Joh 17, 20, 21). Eine Aufgabe und eine Verpflichtung für uns heute. "Lasst uns so das heilige Abendmahl feiern im ernsten Bestreben, seinen Willen zu erfüllen. Wir folgen ihm nach und er möge uns seinen Segen dazu schenken."
Der Apostel mahnte besonders die eigene Vergebungsbereitschaft jedes Einzelnen an. "Wem ihr vergebt, dem wird der Vater auch vergeben." (vgl. u. a. Mt 6, 15). "Das muss klar sein, da gibt es nichts zu verhandeln. Diese Herzenseinstellung ist gefordert: Selbst den ersten Schritt zum anderen zu machen."
Dass es nicht nur schön warm war, sondern auch schön in Bondorf (s. o.), waren die Worte des Apostels nach dem Gottesdienst, aber sowohl das eine als auch das andere entsprach sicher nicht nur seinem Empfinden an diesem Abend. Und trotz Hitze, der große gemischte Chor, bestehend aus Bondorfern und Mötzingern, der mit seinen Liedbeiträgen das gesprochene Wort wunderbar unterstrichen und ergänzt hatte, war gern bereit, auch noch ein Schlusslied zu singen.