Bischof Urs Heiniger leitet am 01. April 2018 den Gottesdienst in Rottenburg.
"Ich weiß, dass mein Erlöser lebt, die Seele jubelnd ihn erhebt.
Brich hell hervor, du Osterlicht, o banges Herz, nun zage nicht!"
(Gesangbuch der Neuapostolischen Kirche Nr. 69, Textdichter unbekannt)
Die Gottesdienstbesucher einte spürbar der gemeinsame Wunsch, an einem Apriltag, der eine der schlechteren Varianten der Wettermöglichkeiten dieses launischen Frühlingsmonats bescherte, im Herzen die Helligkeit des im Eingangslied besungenen Osterlichts erleben zu dürfen. Draußen war es ungemütlich, grau, feucht von oben und kühl. Umso freundlicher und herzlicher ging es in der Kirche zu bei den wechselseitigen Begrüßungen, verbunden mit allen guten Wünschen für die Feiertage.
"Den (Jesus von Nazareth) hat Gott auferweckt am dritten Tag und hat ihn erscheinen lassen, nicht dem ganzen Volk, sondern uns, den von Gott vorher auserwählten Zeugen, die wir mit ihm gegessen und getrunken haben, nachdem er auferstanden war von den Toten. Und er hat uns geboten, dem Volk zu predigen und zu bezeugen, dass er von Gott bestimmt ist zum Richter der Lebenden und der Toten." (Apg 10, 40 - 42)
"Gerade haben wir Karfreitag erlebt mit dem Gedenken an Jesus` Opfer für jeden, der es im Glauben annehmen will und nun Ostern - nur eine Tradition?", fragte der Bischof, bevor er auf das Textwort und die Bibellesung einging. (Text der Lesung: "Jesu Auferstehung" - die Frauen, die am dritten Tag nach der Kreuzigung kommen, um Jesus` Leichnam zu salben, finden das Grab leer vor: Christus ist auferstanden. Und sie berichten den Jüngern davon, die es nicht glauben (Lk 24, 1 - 12). "Nein, Ostern zu feiern ist keine Gewohnheit. Ostern kann eine Verwandlung im Herzen bewirken, wie es das damalige Geschehen und das darauf folgende Tun der Nachfolger Christi zeigt. So kommt es in deren Zeugnis (siehe Textwort mit den Worten des Apostels Petrus) und in dem Erkennen der Auferstehung (siehe Text der Bibellesung mit der Schilderung von der leeren Grabstätte) zum Ausdruck. Da sind erst Angst und Unbehagen - Jesus` Grab war verschlossen worden. Es wurde gesichert und bewacht, und trotzdem ohne den Leichnam vorgefunden. Dann setzt sich die freudige Erkenntnis durch, ja, der Herr ist auferstanden. Und schließlich, wie im Textwort geschildert, ist da Petrus, der einem Heiden, dem Hauptmann Kornelius, das Geschehen um Jesus schildert und bezeugen kann: Ja, er, der Gekreuzigte, ist von Gott gesandt zum Richter der Lebenden und der Toten (Apg 10, 42).
Da hatte es an Palmsonntag den glorreichen Einzug des Gottessohns in Jerusalem gegeben. Jesus wurde gefeiert und mit ihm die Hoffnung verbunden, nun sollten die Juden wieder zu einem großen und mächtigen Volk werden - alles unerfüllte Erwartungen. Dann Karfreitag, die scheinbare Niederlage, das größte Unglück. Und nun Ostern mit seiner Auferstehung. Und Christi Erscheinen, aber "...nicht dem ganzen Volk, sondern uns, den von Gott vorher auserwählten Zeugen,..." (Apg 10, 41). Jesus erschien nur denen, die an ihn geglaubt hatten. Den anderen aber, denen davon berichtet wurde, für die blieb die Nachricht von der Auferstehung eine Gutmeinung, ein "Geschwätz" (Lk 24, 11). Durch den Glauben, und nur durch ihn, kann man ein Erleben haben. Viele damals sind Jesus nachgefolgt. Aber nicht alle konnten sich entscheiden, haben geglaubt und erkannt, dass er der Gottessohn war. Im Leben gibt es immer wieder Dinge, die wir nicht verstehen. Entscheidend dafür, Jesus zu erleben, ist allein der Glaube.
Maria von Magdala suchte in der Trauer um Jesus dessen Grab auf und fand es leer (Lk 24, 3). Nicht einmal diesen Ort gab es noch, um ihm nahe sein zu können. Aber später, als er sie mit ihrem Namen ansprach (Joh 20, 16), da erkannte sie ihn sofort. Da waren die Emmausjünger, die den "Fremden" nicht erkannten, der sich zu ihnen gesellte, dann aber feststellen konnten "Brannte nicht unser Herz in uns, als er mit uns redete..." (Lk 24, 32). Nun erst war ihnen klar, dass es nicht nur irgendein Mitwanderer gewesen war. Es war nur eine kleine Gemeinde, die an Ostern zusammengekommen war, Jesus` Begleiter in seinem irdischen Leben, die Jünger, die Frauen. Verängstigt waren sie nach seinem Tod, und dann erscheint ein Fremder. Der sagt: "Friede sei mit euch." (Lk 24, 36). Da merken sie es: Das ist Jesus, dieser Fremde!
Es sollte und soll nicht bei der Erkenntnis bleiben. Auch bei uns nicht. Vielmehr ist damit auch der Auftrag verbunden, sie an andere weiterzugeben. Maria von Magdala bekommt von Jesus den Auftrag, seinen Jüngern zu sagen, was geschehen ist und geschehen wird (Joh 20, 17). Die Apostel bekommen später den Auftrag, in alle Welt hinauszugehen und bis zu Jesus` Wiederkunft das Evangelium zu verkünden (Mt 16 - 20).
Und unser persönliches Ostererleben? Manchmal haben wir Angst, erleben unseren persönlichen Karfreitag. Gehen so in den Gottesdienst. Können wir dann noch im Heiligen Geist den von Gott gesandten Tröster wahrnehmen? Erkennen, dass Gott uns gelegentlich ganz persönlich anspricht? Dazu gehört Glaube. Nicht die Haltung, der Dienstleiter kann sich doch gar nicht in mich hineinversetzen. Jesus lebt - das ist nicht nur ein schönes Bild. Es gibt Abschnitte im Leben, da verstehen wir gar nichts mehr. Fühlen uns verunsichert wie die Emmausjünger. Können wir dann als Jugendliche in unseren Eltern den göttlichen Begleiter sehen mit dem, was sie uns raten? Im Jugendleiter mehr als nur den "guten Kumpel"? Schon in der Begrüßung vor dem Gottesdienst durch einen Diakon können wir etwas empfinden und in sie hineinlegen, Freude wie Belastungen, und mit der richtigen Herzenseinstellung in einem Händedruck mehr empfangen als den Austausch üblicher Höflichkeitsformen. Glauben wir beim Gebet, dass wir unser Anliegen Gott vortragen? Sicher, er wird nicht alles erfüllen. Aber diese Einstellung kann uns tiefen Frieden empfinden lassen. Die Sündenvergebung - sie kann nicht Geschehenes ungeschehen machen. Wohl aber innere Ruhe stiften.
"Lasst uns im Ostergeschehen immer wieder bewusst unseren Glauben leben: Es kann etwas ändern. Und die Botschaft, die damit verbunden ist, weitertragen. Hätten die Jünger damals das nicht getan, Ostern hätte nichts bewirkt und es gäbe kein Christentum. Wir dürfen Freude und Frieden haben, weil Jesus lebt. Er uns Gnade schenken will. Seien wir dafür dankbar in Wort und Tat. Lasst uns Zeuge sein für die Botschaft Christi. Lasst uns als Gemeinde ausstrahlen, was unsere Sicherheit und Freude ist: Jesus kommt wieder!"
Bezirksevangelist Werner Lampprecht verwies darauf, dass das Palmsonntagsgeschehen vom Propheten Sacharja ca. 500 Jahre vor Christi Geburt vorhergesagt wurde (Sach 9, 9). Jesus hatte seine Auferstehung angekündigt (vgl. Lk 24, 7), und sie geschah. Ebenso wird sich die Zusage seiner Wiederkunft, die noch aussteht, erfüllen. Seine Auferstehung wurde von niemandem gesehen. Aber denen offenbart, die seine Vertrauten waren. Immer hat sich alles erfüllt. Und wir, die wir Jesus heute suchen, können ihn nicht sehen, weil wir bei Vordergründigem hängen bleiben? In einer Kirche, in der Menschen handeln, Fehler finden, die uns von Gott abhalten? Nicht dabei stehen bleiben. Auch nicht angesichts des leeren Grabs der Versuchung erliegen, zu denken, Jesus gibt es nicht mehr. Vielmehr ein offenes Herz haben, das spürt, Jesus spricht mich an. Wie die Emmausjünger damals fühlten, dass bei der Begegnung mit Jesus "ihre Herzen brannten". "Lasst uns um diesen Glauben bitten und ihn uns erhalten: Es ist Jesus, der mich anspricht."
"Jesus ist da. Im Glauben kann ich ihn erleben.", wurde das vom Bischof vor der Feier des Heiligen Abendmahls aufgegriffen. "Er schenkt sich uns im Heiligen Abendmahl. Das wollen wir im Glauben ergreifen und die Kraft erleben, die darin liegt." Diese Zuversicht wurde während der Austeilung des heiligen Abendmahls vom gemischten Chor im Anschluss an den Gemeindegesang musikalisch ausgedrückt:
"Vater, ich weiß, dass deine große Gnade noch regiert
und auf dem Lebensweg mich näher, näher zu dir führt.
Näher zu dir, näher, mein Gott, zu dir!
Vater, ich weiß, dass du mich hier führst näher stets zu dir."
(Nr. 220, Vers 1, Chorbuch für den neuapostolischen Gottesdienst, Text Helen R. Young, Allie Starbright)
Bleibt noch zu erwähnen, dass außer dem gemischten Chor eine große Instrumentalgruppe vor und nach dem Gottesdienst zum festlichen Ostersonntagserleben beitrug. Ihr und ihrer Dirigentin so wie an Chor und Dirigenten ein herzliches Dankeschön auch an dieser Stelle. Vom Bischof gab es ganz zum Schluss noch zwei "Belohnungen" für die Kinder - ein Lob für ihre Geduld angesichts eines nicht ganz so kurzen Gottesdienstes und, schließlich war vorerst an Ostereiersuchen im Freien bei dem Wetter nicht zu denken, die freudige Mitteilung, dass es gelungen war, für die jüngeren Gottesdienstbesucher Schokoladenosterhasen zum Mitnehmen ins Kirchenfoyer zu locken.