Zeitweise sind es rund sechzig Glaubensgeschwister, die zusammenkommen und vorweihnachtliche Stimmung und Festtagsvorfreude genießen.
Renate und Fred Kächele, zuständig für die Seniorenaktivitäten in Tübingen, Pfrondorf und Ammerbuch-Pfäffingen, hatten im Vorfeld alles sorgfältig geplant: Einladungen, Vorbestellungen, Einkäufe und was so alles alle Jahre wieder dazu gehört. Unterstützt von vielen Helfern aus dem Kreis der jüngeren "Senioren" erwarteten im Gartengeschoss der Tübinger Kirche lange adventlich geschmückte Tafeln die Besucher, die um 11.00 Uhr herum eintrafen, um es sich für ein paar Stunden zusammen gemütlich zu machen. Ein Helfer im Hintergrund hatte umsichtig dafür gesorgt, dass rechtzeitig vorher schon mal die Heizung in der Kirche aktiviert wurde.
Einen Tag vor Nikolaus war auch ein Kollege des allseits bekannten Namensgebers für den 06. Dezember gekommen. Bischof (i. R.) Georg Kaltschmitt hatte eine brennende Kerze in die Hand genommen, als er nach vorn trat, um alle gemeinsam zu begrüßen und ein Gebet zu sprechen. Die brennende Kerze - ein Symbol für Jesus Christus, das Licht, das in die Welt gekommen ist. Gerade in der Adventszeit daher die Kerzen, die erinnern sollen an das bevorstehende Fest seiner Geburt. Kaltschmitts Rat: Sich morgens eine Kerze anzünden, sich so vom Alltag abwenden und an den Erlöser der Menschen denken. Die Flamme als Mahnung sehen, von seinem Wesen und seiner Art etwas anzunehmen. "A bissle auf die Flamme gucke, jedwede Hektik beiseitelassen, das hilft, um Ruhe, Beständigkeit und Frieden zu finden. Jesus` tröstliche Zusage verinnerlichen: Ich bin bei euch alle Tage!" Im Gebet war es u. a. das Anliegen, dass niemand mutlos sein möge. Auch dann, wenn es ihm gerade nicht so gut geht. Jeder möge die innere und äußere Kraft haben, aus eigenem Elend herauszufinden und auch Gemeinschaft pflegen zu können. Dabei fest im Herzen verankert: Die Gewissheit der Wiederkunft des Heilands, wenn es sein kann, noch an diesem Tag.
Fred Kächele freute sich über die Vielen, die gekommen waren, und wünschte allen einen schönen gemeinsamen Tag. Bis zum pünktlich gegen 12.00 Uhr angelieferten Mittagessen wurde bei Sekt und anderen Getränken miteinander geplaudert, ehe man sich Salate, Spätzle und Braten schmecken ließ.
Nach der Mittagspause wurden die Lebensgeister erst einmal durch gemeinsamen Gesang wieder geweckt, von Fred an der elektrischen Orgel begleitet: "Macht hoch die Tür ...". Nun folgten Geschichten zur Weihnachtszeit von heiter bis sehr besinnlich. Die Weihnachtsmaus, die nur in diesen Tagen Saison hat. Auch nicht bekämpft werden muss, weil bekannt ist, dass sie nach Weihnachten von selbst verschwindet. Marzipan, Gebäck, Schokolade, und seien sie noch so sorgsam versteckt worden, nichts ist vor ihr sicher. Was man von diesem Phänomen denkt - nun, das bleibt jedem selbst überlassen.
Weiter ging es mit einer Geschichte, die von der Rottenburger Adventsfeier weitergetragen wurde. (Dort hatte man es offensichtlich noch eiliger gehabt, Advent miteinander zu feiern). Bei Petrus bittet ein Kater um Einlass im Himmel. das habe er sich mit einem miserablen Dasein auf der Erde verdient: Zwar frei lebend, aber damit auch völlig auf sich allein angewiesen. Fernab von Whiskas und Kitekat. Petrus hatte Verständnis. Der Kater durfte es sich im Himmel auf einer Seidendecke bequem machen. Kurz danach - sechs Mäuse wollen in den Himmel. Auch zu Recht, schließlich waren sie ihr ganzes Leben lang auf der Flucht vor der Katze gewesen. Was man für sie tun könne? Rollschuhe, so ihr Wunsch, der auch erfüllt wurde. Kurze Zeit danach fragte Petrus den Kater, ob auch alles recht sei. "Wunderbar und seit ein paar Tagen auch noch das Essen auf Rädern!"
Es folgte die Geschichte von Paula, der Gans. Sie fühlte sich eigentlich dazu berufen, ein Schwan zu sein. Eitel und sehr auf ihre Figur bedacht. Immer nur eine halbe Portion vom Futter essend, was ihr als Nebeneffekt Jahr für Jahr das Überleben des Weihnachtsfests sicherte. Damit sollte Schluss sein. "Diesmal bischt fällig!", drohte die Bäuerin, inzwischen verwitwet und in die Jahre gekommen. Paula sah ihre schlanke Figur auch nicht mehr nur positiv. Allein, die Artgenossen alle schon in den Topf gewandert, war sie des Überlebenskampfes müde geworden ... Sie gab sich einen Ruck und wollte sich mit Contenance in ihr Schicksal fügen. Sie begab sich auf den Gang ins Schafott und schritt freiwillig ins Haus. Dort auf dem Herd hatte die Bäuerin auch schon den Bräter gerichtet. Paulas Sarg stand schon bereit. Da bekam die Bäuerin einen Schwächeanfall, wurde abgeholt und ins Heim gebracht. Eine Weile später kommen ein junges Ehepaar und zwei Kinder in die Küche. Sie werden jetzt auf dem Hof wohnen. Sie staunen nicht schlecht. Die Gans schon im Bräter! Nichts für sie. Sie bevorzugen Forelle an Weihnachten. Und das, versprochen, würde so bleiben. Paula, so zum Leben wiedererweckt, begibt sich hinaus in die klare Winternacht, einer glücklichen Zukunft entgegen. Na dann, fröhliche Weihnachten!
Gar nicht fröhlich war die folgende wahre Geschichte, die sich in Ostpreußen abgespielt hat. 1945 - eine Mutter bereitet Weihnachten vor, allein mit den jüngeren Kindern. Vater und ältester Sohn sind an der Front und sie hat schon lange nichts mehr von ihnen gehört. Da kommt der Postbote. Bringt einen Brief. Mutter liest ihn und weint. Sagt lange nichts. Dann: "Vater kommt nicht mehr nach Haus." Still ist es. Ganz lange. Es war etwas zerbrochen, das spürten auch die Kinder. Bis sich nach langer Zeit eines traute: "Feiern wir jetzt gar nicht mehr Weihnachten?" "Nein, jetzt wird erst recht Weihnachten gefeiert!", war Mutters Antwort. Der im Krieg vermisste Sohn fand erst nach vierzig Jahren wieder zu seiner Familie. Fred hatte diese Geschichte vorgelesen. Für ihn ein Anlass, darauf zu verweisen, dass die Menschen in unseren Breiten nun schon seit rund siebzig Jahren Frieden haben dürfen. Grund zur Dankbarkeit.
Nach und nach waren noch Gäste hinzugekommen, die nicht am Mittagessen hatten teilnehmen können. Eigentlich sollte nicht so früh Kaffee getrunken werden. Aus Erfahrung wusste man, dass danach die Feier relativ schnell zu Ende war, weil alle nach Haus wollten. Gut gedacht, aber hier und da fehlte der Mittagsschlaf, da musste unbedingt zur Kompensation eine Tasse Kaffee her. Allein Lüften und damit frischer Sauerstoff reichten nicht. Also ging er los, der Sturm auf das Kuchenbuffet. Farbenfroh, nahrhaft, einfach zum Reinbeißen, was da geboten wurde. (Soweit auf dem Foto schon zwei Stücke vom Heidelbeerkuchen fehlten, war es nicht die Weihnachtsmaus. Vielmehr wollte jemand den Kuchen ins Altersheim gegenüber zu jemandem bringen, der nicht mehr zur Kirche rüberkommen kann.) Danach noch etwas Geselligkeit bei anderen Getränken als Kaffee. Der Geräuschpegel nahm mehr und mehr zu beim Austausch der vielen gemeinsamen Erinnerungen. Eine Geschichte noch, von Fred vorgetragen: Am 24. Dezember mittags wird der Ehemann von seiner Frau examiniert, ob alles besorgt worden ist. Aus leidvollen Erfahrungen vergangener Jahre hatte er gelernt. Kerzen lang da, Kugeln einschließlich Reserve, falls was kaputt geht, ja, auch besorgt. Und Ersatzlampen für die Lichterketten. Fast hätte der Ehemann die Prüfung mit Bravour bestanden gehabt, fast. "Wo ist der Baum?" Wusst ich doch, irgend ebbes han i vergesse!
Ein etwas verfrühtes Nikolausgeschenk zum Mitnehmen für jeden gab es auch noch. Und dann löste sich so nach und nach, wie schon prognostiziert, die Gesellschaft auf, während Renate, Fred und ihre Helfer schon mal ans unvermeidliche Aufräumen und Putzen gingen. Ihnen allen herzlichen Dank für alle liebevolle Arbeit für diesen und an diesem Tag.