Der gemischte Chor des örtlichen Gesangvereins "TonAb" gestaltet die musikalische Umrahmung des Gottesdienstes, den Tübingens Bezirksvorstehers Klaus von Bank leitet.
Wer sich einige Zeit vor Gottesdienstbeginn in der Nufringer Kirche eingefunden hatte, konnte schon mal die Einsingprobe der SängerInnen unter Leitung ihres Dirigenten Christoph Eßwein miterleben. Anders als in den Jahren zuvor, wenn "TonAb" in der Nufringer Kirche sang, kam dieses Mal der Gesang von der Empore, denn das Kirchenschiff wurde für eine größere als sonst übliche Gottesdienstgemeinde benötigt.
"Seid alle herzlich willkommen an diesem ersten Adventssonntag!", begann der Bezirksvorsteher. Und weiter: Es steht heute in doppelter Hinsicht eine Zeitenwende an. Ein Kirchenjahr ist zu Ende gegangen und ein neues beginnt heute. Im Kalenderjahr stehen in Kürze Silvester und Neujahr bevor. Man blickt aufs vergangene Jahr zurück und erinnert sich an Geschehenes. Weihnachten, Karfreitag, Ostern usw., der eigene Geburtstag und auch das Singen von "TonAb" im Jahr 2016. Der eine sagt, was für eine schwere Zeit war das für mich, die einfach nicht enden will. Der andere freut sich. Die Zeit verging im Fluge, weil sie für mich so schön war. So oder so - die Zeit geht vorbei, daran kann der Mensch nichts ändern. Aber die Lebenszeit ist auch eine Gnadenzeit, die es zu nutzen gilt.
Um Weihnachten herum geschieht Vieles, was nichts mit dessen eigentlichem Sinn zu tun hat. Stichwort: Kommerz. Wir wollen uns mit dem befassen, worum es eigentlich geht. Die Geburt in Bethlehem - die eines Kindes? Äußerlich sicher. Das Wesentliche aber ist: Es war die des Heilands Jesus Christi. In Biografien von Berühmtheiten spielt zwar auch das Geburtshaus eine Rolle. Es wird gesucht und erwähnt, als Sehenswürdigkeit gehandelt. Entscheidend aber sind die Werke des Protagonisten, Musik, Literatur usw. Auch bei Jesus bleiben wir nicht an der Krippe stehen, sondern sehen seine Werke und die mit ihm verbundenen göttlichen Verheißungen, die im Neuen Testament in der Offenbarung des Johannes zu finden sind.
Damit wurde zum eingangs verlesenen Textwort übergeleitet: "Siehe, es kommt die Zeit, spricht der Herr, dass ich dem David einen gerechten Spross erwecken will. Der soll ein König sein, der wohl regieren und Recht und Gerechtigkeit im Lande üben wird. Zu seiner Zeit soll Juda geholfen werden und Israel sicher wohnen. Und dies wird sein Name sein, mit dem man ihn nennen wird: `Der Herr unsere Gerechtigkeit`" (Jer 23, 5 u. 6)."Herr der Gerechtigkeit - ein Regent. Was üblicherweise nicht automatisch damit gleichzusetzen ist, dass letzterer auch immer gerecht ist.", so von Bank. Neuapostolische Christen bekennen sich auch zu einem Regenten: "Ich glaube, dass der Herr Jesus seine Kirche regiert und dazu seine Apostel gesandt hat und noch sendet ..." (Artikel 4 des neuap. Glaubensbekenntnisses). Jeder Christ hat sich unter Jesus` Herrschaft begeben. Das ist keineswegs nur ein formaler Akt. Vielmehr bewirkt das etwas im Inneren: Veränderungen, andere Sicht- und Verhaltensweisen. Die Auswirkungen dieser Regentschaft wurden bereits im Eingangslied besungen (Neuap Gb Nr. 7, "Gelobet sei der König ...", Text Frederico Paniga, entstanden 1960). Es geht um Demut unter einem sanften Joch, Liebe, Gnade, Recht und Gerechtigkeit.
Recht und Gerechtigkeit, dazu gibt es höchst unterschiedliche Auffassungen. Jesus wusste um eine wahrhaftige, vollkommene Gerechtigkeit. Und ließ letztlich Gnade vor Recht ergehen. Die Ehebrecherin, die gesteinigt werden sollte - was sie getan hatte, war unrecht. Das sah Jesus auch so. Aber er verurteilte sie nicht. Er hinterfragte auch nicht, was der, der neben ihm am Kreuz hing, verbrochen hatte. Jesus sah dessen jetzige Einstellung, seine Reue und Erkenntnis, und versprach ihm das Paradies.
Der Gottessohn wird als "Lamm Gottes" bezeichnet. Ein harmloses Wesen? Seine Kraft liegt im liebevollen Umgang mit anderen. Keine Schwäche, im Gegenteil. Alle Knie beugen sich vor diesem allmächtigen König, der mit Liebe regiert. Darin liegt seine Stärke. Gott sei Dank, dass wir ihn als Regenten haben dürfen. Wenn er für uns ist, wer sollte dann gegen uns sein? Das betonte schon der Apostel Paulus. Wenn Jesus gnädig war, anderen half, dann ist es auch unsere Aufgabe, großzügig mit den Schwächen anderer umzugehen, damit sich das Evangelium erfüllt.
Um gerecht zu werden, dazu genügt nicht die Anhäufung guter Werke. Vielmehr bedarf es des Handelns aus dem Glauben heraus. Der ist eine große Herausforderung. An die Geburt in Bethlehem glauben, an Jesus` Leben, an dessen Ende durch die Kreuzigung, das alles ist vorstellbar. Danach wird es schwierig: die Auferstehung. Ostern, das größte Fest der Christen, wird aus diesem Grund gefeiert. Ein einmaliges Geschehen damals, da ist der Glaube gefordert. Christi Himmelfahrt, verbunden mit der Verheißung, wiederzukommen, um die Seinen zu sich zu nehmen, das ist der Zentralpunkt unseres Glaubens und eine große Herausforderung. Zu glauben, dass er damals und heute Apostel gesandt hat. Beides nicht leicht zu glauben, aber auch nicht unmöglich. "Blicken wir in die Zukunft, nutzen wir unsere Lebenszeit, denn sie ist schnell vorbei!"
Um die mit Jesus` Geburt verbundene Verheißung ging es auch im anschließend von "TonAb" gesungenen Lied "Hört ihr, wie die Engel singen ... nie war euch das Heil so nah, ... Freut euch, freut euch, groß und klein, selig, selig sollt ihr sein!". Gemeindevorsteher Dietmar Marquardt vertiefte noch einmal das Wesentliche der Regentschaft Jesus`: Geprägt von Liebe. Eine große Macht, die fast alles bewegen kann. Gewalt hingegen stößt häufig nur auf Gegengewalt. Vor Pontius Pilatus bekannte sich Jesus ausdrücklich als ein König, aber: Ich regiere mit Liebe. Es geht mir nicht um irdische Macht.
Angesprochen wurden rein wissenschaftliche statistische Wahrscheinlichkeitsrechnungen, die sich der Frage angenommen haben, ob alle bisherigen biblischen Verheißungen, die sich bereits erfüllt haben, auf Zufall beruhen könnten. Mit fast hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit nicht, so das Ergebnis. Aber auch dann bleibt ein Rest, der den Glauben fordert. "Halten wir uns an die Verheißung und nehmen die Freude darüber mit. In Jesus zeigte sich eine neue Kreatur. Daran wollen wir uns orientieren und auch Nächstenliebe üben. Das macht uns und andere reich!"
"Vergeben wir dem Nächsten, auch wenn der uns das Leben schwer macht.", leitete von Bank mit diesem Gedanken zur Feier des Heiligen Abendmahls über. "Lasst uns nach vorn gucken in eine schöne, friedliche Zeit. Versöhnlich und nicht rechthaberisch, wie Jesus, der in allem vollkommen war."
Nach dem Gottesdienst bedankte sich der Bezirksvorsteher beim Chor und bat ihn noch um ein Schlusslied. Vorher gab es aber noch einen Beitrag zum Thema Wunder. Wobei die Tatsache, dass an diesem Tag die Nufringer Kirche viel voller war als in früheren Jahren, in denen "TonAb" am Ersten Advent dort gesungen hatte, nicht in die Kategorie Wunder falle, erklärte er für die Gäste. Es seien nämlich die Gärtringer zum Gottesdienst eingeladen gewesen. Der Mensch suche nun einmal gern danach, Erklärungen für wirkliche Wunder zu finden. Da habe jemand in der Bibel gelesen, wie das Volk Israel trockenen Fußes durch ein Meer gegangen ist. Kein Wunder, war nur eine Pfütze, wusste ein anderer die Euphorie des Lesers darüber zu bremsen. Der kurze Zeit später: "Ein Wunder! Die Verfolger ertrinken in einer Pfütze!"
Nach der allgemeinen Heiterkeit wurde es mit dem Chorgesang noch einmal feierlich:
"O heil`ge Nacht, wo Gott zu uns gekommen, entkleidet all seiner Hoheit und Macht,
wo er von uns die alte Schuld genommen, des Vaters Huld uns aufs Neue gebracht.
Die ganze Welt durchglüht ein freudig Hoffen, denn Gottes Herrlichkeit ist nun ihr Teil.
Fallt auf die Knie, der Himmel steht uns offen.
O heil´ge Nacht! Du gabst uns ew`ges Heil."
(Hier zitierter Text: Placido Cappeau de Roquemaure, 1847)
Dass es anschließend noch ein fröhliches Miteinander aller Gottesdienstbesucher bei Getränken und Essbarem gab, ist Nufringer Gastfreundschaft und Tradition und muss eigentlich gar nicht mehr erwähnt werden.