Glaubensgeschwister aus drei Kirchengemeinden (die Nebringer und Jettinger waren auch eingeladen) sowie viele Amtsträger aus dem Bezirk Tübingen (aktiv und im Ruhestand) mit ihren Ehefrauen nehmen am Gottesdienst teil.
"Jesus, erfülle mein Herze mit Freude, ..."
(Chorbuch für den neuap. Gottesdienst Nr. 112, Text nach Hermann Engelhardt, 1872 - 1938)
Das gerade verklungene, von einem großen gemischten Chor gesungene Lied griff der Apostel zu Beginn des Gottesdienstes auf: "Das macht die Faszination eines Gottesdienstes aus. `Jesus, kehr bei mir ein!` Wir wollen neu Begeisterung und Kraft verspüren und in uns aufnehmen, um freudig nach Haus gehen zu können. Mit dem Gefühl, Gott hat uns im Blick gehabt. Er nimmt Anteil an uns. Er reagiert mit der Einladung: Komm zum Altar! Dort kann ich meine persönliche Erfahrung mit Gott haben. Je mehr wir daran glauben, desto mehr wird der Gottesdienst zum Erlebnis.
Das eingangs verlesene Textwort war am Sonntag zuvor von Bezirksapostel Michael Ehrich einem von ihm geleiteten Gottesdienst zugrunde gelegt worden: "Darum lasst uns hinzutreten mit Zuversicht zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu der Zeit, wenn wir Hilfe nötig haben." (Hebr 4, 16). Schnaufer ging auf die Bedeutung des zurückliegenden Sonntags ein. Einer von drei in jedem Jahr, die besonders den schon in die Ewigkeit gegangenen Seelen gewidmet sind. Tage, an denen Mancher wohl auch Trauer empfindet. Und ein Freudentag, der das Bewusstsein vertieft, dass Gott sein Werk nicht hier im Diesseits enden lässt. Er vollendet es hier wie auch drüben. Seinem Tun sind keine Grenzen gesetzt. Der Apostel erinnerte an Jairus` Tochter, die im Sterben lag. Der Gottessohn solle kommen und helfen. Der lässt sich Zeit damit. Und wird wieder "abbestellt". Die Tochter sei nun gestorben. Eine irdische Sicht: Jetzt ist es zu spät. Jesus geht trotzdem hin und das Mädchen kommt ins Leben zurück. Für den Gottessohn ist es nie zu spät. Das Liebeswirken endet nicht am Grab. Er lädt ein: Kommt her zu mir, alle!
So ist auch dem Textwort die Zusage zu entnehmen, dass du Gnade finden wirst, wenn du Hilfe nötig hast. Gott lässt sich nicht vorschreiben, wann er etwas tut. Unsere Sicht entscheidet nicht. Die Erkenntnis und Aufforderung, hinzuzutreten zum Thron Gottes resultiert aus dem persönlichen Erleben des Verfassers des Briefs an die Hebräer (vgl. Hebr 4, 14, 15). Man hatte Jesus kennen gelernt, der sündlos, aber doch in allen Dingen wie ein Mensch gelebt hatte. Sein natürliches Leben damals entspricht dem der Menschen. Er hat unseren Alltag selbst gelebt. Wenn uns jemand verstehen kann, dann ist es Jesus. Gott zwingt niemanden, sich helfen zu lassen. Eine "Zwangsbeglückung" gibt es nicht. Aber man kann die bewusste Entscheidung treffen: Ich will hinzutreten. Ich will mein Heil durch und bei Jesus empfangen.
Jesus hat als wahrer Mensch und als wahrer Gott sein Opfer gebracht. Zu ihm gehe ich, wenn ich Hilfe brauche. "Ich trete hinzu", haben wir das heute so gemacht? Wenn wir uns von allem anderen abwenden, dann haben wir ein wahres Gottesdiensterleben. Wenn wir uns mit allen Sinnen Jesus zuwenden.
Und dies "in Zuversicht" tun, wie es im Brief an die Hebräer heißt. Ich kann mich darauf verlassen, dass ich bei Jesus finde, was ich brauche. Bei ihm, der, wie er sagte, der Weg, die Wahrheit und das Leben ist. Der Pontius Pilatus damit überforderte. Einen Mann, der sicher Vieles erlebt und erfolgreich überstanden hatte, vielleicht sich nicht immer ganz redlich verhalten hatte, bis er in die Position kam, in der er im Auftrag Roms wichtige Entscheidungen zu treffen hatte. Und nun einem gegenüberstand, der von sich sagte, er sei gekommen, um von der Wahrheit zu zeugen. Und über ihn richten und entscheiden? Der die Wahrheit ist. Das beweist die Erfahrung. Bei ihm bekommt man Frieden und Freude wie sonst nirgendwo.
Der Apostel erinnerte an das Gleichnis vom Verlorenen Sohn. Dessen Vater trotz allem, was dagegen sprach, weiter nach ihm Ausschau hielt. Die Rückkehr des Sohns traf keinen unvorbereiteten Vater. Das Gleichnis zeigt Gottes Liebe, der uns mit seiner Gnade empfängt, wenn wir hinzutreten. Das Evangelium hat aber zwei Seiten: Du selbst musst auch etwas tun. Gerechtigkeit kannst du nur erfahren, wenn du auch deinen Nächsten gelten lässt. Auch ihn liebt Gott. Wenn wir uns von ihm leiten lassen wollen, dann heißt es, genau hinzuhören und danach zu handeln.
Hinzutreten - bedeutet, sich von anderem abzuwenden. Das hat Konsequenzen. Der Glaube ist nicht lebensfeindlich. Aber wo setze ich meine Prioritäten? Da waren die Drei Männer im Feuerofen. Und auch Daniel. Sie hatten Erfolg aufgrund ihres Könnens und Wissens, waren sozusagen "mittendrin". Aber das hatte seine Grenzen. Den geforderten Götzendienst, das Bild des Königs anzubeten, das lehnten sie ab. Da war Schluss. Solange es Gottes Willen nicht widerspricht, sind neuapostolische Christen Teil der Gesellschaft, verwies der Apostel auf Artikel 10 des neuapostolischen Glaubensbekenntnisses. Mit der Fokussierung auf Jesus: Ich trete hinzu. "Lasst uns das ganz bewusst tun mit Blick auf eine Zukunft, die alles `toppt' und uns seine Wiederkunft in großer Freude erleben lassen wird."
"Zum Thron der Gnade können wir ohne Angst kommen. Anders, als das vielleicht in früheren monarchischen Zeiten im Irdischen der Fall war", fuhr Dietmar Marquardt fort, Vorsteher der Gemeinde Nufringen. Voraussetzungen sind "nur" ein bußfertiges Herz und die Erkenntnis: Ich brauche Gnade. Und ich will mich ändern. "Vertrauen wir auf Gottes Verheißung, halten wir sie fest und sie wird sich erfüllen!"
Damit war schon zur Feier des heiligen Abendmahls übergeleitet worden. "Wir wollen zum Thron der Gnade hinzutreten. Ohne Angst und mit Zuversicht.", vertiefte der Apostel den Appell des Gemeindevorstehers. "Und auch mit einem bußfertigen Herzen mit dem Vorsatz, Jesus ähnlicher zu werden. Wirklich vergeben wollen, so schwer uns das manchmal auch fallen mag."
Das wurde vertieft durch das Bußlied, vorgetragen zuerst als gesprochener Text mit Klavierbegleitung, und fortgesetzt mit der Melodie, gespielt von Geige und Klavier(Neuap. Chorbuch Nr. 301, Text Maria Luise Thurmair, 1912 - 2005). Dessen zweite Strophe ist an das Ende des Berichts gestellt:
"Wir wollen in dir bleiben jetzt und für alle Zeit;
dein Licht wird von uns treiben die böse Dunkelheit.
Hilf uns dem Feind entsagen und gläubig, treu und rein
an allen unsern Tagen mit dir im Bunde sein."