Apostel Martin Schnaufer leitet den Gottesdienst in der Universitätsstadt. Mitglieder von vier Gemeinden - Tübingen, Pfrondorf, Ammerbuch-Pfäffingen und Rottenburg erleben einen gemeinsamen Dankgottesdienst.
"Es lag in Nacht und Graus die Erde, noch war die Sonne Gottes nicht.
Da rief der Vater des Lichtes: Es werde! Da ward das strahlende, wärmende Licht."
(Chorbuch für den neuap. Gottesdienst, Nr. 140, Text Georg Gessner, 1765 - 1843)
Die Melodie dieses Lieds war vor dem Gottesdienst von der Orgel zu hören gewesen (Spieler Jan-Thilo Bayer). Dessen Refrain fordert auf, Gott zu lobpreisen, denn er hat "auf Erden Großes getan!" Und will noch Größeres tun. Für beides ist ihm Dankbarkeit geschuldet, die das Thema des Gottesdienstes war. "Ganz herzlich willkommen!", hieß es zu Beginn vom Apostel. Gedenktage wie der des Erntedanks bringen eine eigentlich alltägliche Aufgabe einmal im Jahr besonders auf den Punkt und ins Bewusstsein. Erntedank - der Verstand weiß, da wird gesät, die Pflanzen werden gepflegt und dann gibt es folgerichtig auch eine Ernte. So zwingend ist das nicht, denn was kann nicht alles diesen Erfolg menschlichen Tuns verhindern. Bauern in früheren Tagen war das präsent - sie haben nach der Aussaat noch auf dem Feld Gott um gutes Gedeihen gebeten. Sie wussten, nur er kann es schenken. Sie konnten den Zusammenhang zwischen ihrer Aussaat und einer guten Ernte erkennen. Die hängt von Umständen ab, auf die ein Mensch keinen Einfluss hat. Es sind oft nur Kleinigkeiten, die den Unterschied zwischen Erfolg und Missernte ausmachen. Eine Frostnacht im Frühjahr und ...
Der Apostel erinnerte an Jesus` Gleichnis vom Reichen Kornbauern. Ich-betont ist er. Seine Ernte, seine Vorräte, seine Leistung. Anderes sieht er nicht. Nicht die, die die Arbeit auf dem Feld verrichtet haben. Nicht den, der sie hat Früchte bringen lassen, nichts. Anderen helfen, mit ihnen teilen - Fehlanzeige. Ich will genießen. Da ist kein Platz für Dankbarkeit. Dafür, mal zu hinterfragen, was alles außer einem selbst dazukommen musste, um letztlich eine reiche Ernte zu haben. Die schiere Oberflächlichkeit ist es, die ihn beherrscht.
Dagegen Paulus, der im Brief an die Römer schreibt: "Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen." (Röm 11, 36). Damit ging Schnaufer auf das zu Beginn verlesene Bibelwort ein. "Denn von ihm ist alles ..." Die Erkenntnis des Apostels damals steht der des Reichen Kornbauern völlig entgegen. Bei Paulus ist Dankbarkeit. Dafür, dass Gott es ist, der alles schenkt, was wir brauchen. Weil er es ist, der auch genau weiß, was uns nötig ist. Weil er den Überblick hat. Wenn wir uns bewusst sind, das alles von ihm aus Liebe gegeben wird, dann haben wir Vertrauen und fühlen uns sicher. Wenn wir unsere Verhältnisse hier mit denen anderer auf der Welt vergleichen, dann können wir uns in der Regel auf einer Insel der Seligen fühlen. Nein, wir haben keine schlüssige Antwort darauf, warum es so unterschiedliche Lebensverhältnisse weltweit gibt. Wir haben aber auch nicht die Möglichkeit des Gesamtblicks. Wir können nur Gott gegenüber demütig sein. Dafür, dass wir es gut haben dürfen. Und wir sollten nichts von ihm einfordern.
Dankbarkeit führt zum Teilen und verhindert Oberflächlichkeit und Egoismus. Aus Dankbarkeit und Liebe, nicht aus Berechnung kann ich etwas zurückgeben: Materielles opfern, aber auch Zeit und gelegentlich auch mal meine eigenen Meinung zurückstellen. Im Bewusstsein, dass von Gott alle (auch meine) Dinge sind, kann ich auch offene Augen und Herzen für andere haben. Dankbar können wir dafür sein, dass wir ein verheißenes Ziel haben. Und Sicherheit durch Jesus` Versprechen, bei den Seinen zu sein bis ans Ende der Welt.
"Und durch ihn ist alles..." Der Weg zur Erlösung geht nicht ohne Jesus. Sein Opfer ist Grundlage jeglicher Hoffnung. Der Mensch kann nie vollkommen sein. Der einzige wirklich Gerechte hat durch sein Opfer für uns alles auf sich genommen. Das zu erkennen, lernen wir durch den Heiligen Geist. Durch den alles ist. Der auch durch die Amtsträger wirkt und durch die Sakramente. Amtsträger richtig sehen: Sie sind keine Dienstleister, sondern von Gott gesandte Werkzeuge, um seine Sicht zu vermitteln. Mit menschlichen Defiziten gegenüber dem göttlichen Amt. Falsch wäre es, an der Differenz hängen zu bleiben. Man könnte fragen, ja, warum haben wir nur "fehlerhafte" Vorangänger? Wären vollkommene wirklich hilfreicher?
"...und zu ihm sind alle Dinge." Alles, was Gott tut, dient dem Zweck, uns in die Gemeinschaft mit ihm zu führen. Er ist konsequent. Ich muss mich bei Entscheidungen fragen, ob meine Wahl mich näher zu Gott führt. Setze ich seine Gesichtspunkte um? Wenn wir danach gehen, werden wir Freude daran haben. Kann ich erkennen, dass mich alles, wie es auch sein mag, zu ihm führt? Zur Wiederkunft Christi. Daran teilzuhaben, gönne ich jedem, im Bewusstsein, dass sie, auch für mich, ein Geschenk Gottes ist. "Apostel Paulus hat die Fähigkeit, mit seinen Worten umfassend zu beschreiben, was Jesus für uns bedeutet. Was es bedeutet, den Weg aus Liebe zu ihm mit ihm zu gehen.", so Martin Schnaufer zum Schluss.
Bezirksvorsteher Klaus von Bank sollte der Sprecher für "seine" Tübinger Gemeinden sein. "Wer denkt, der dankt", begann er. Und wusste von einem abschreckenden Beispiel zu berichten: Sich anzumaßen, dass menschliche Arbeit, Dünger und Maschinen ohne Gottes Zutun für eine gute Ernte ausreichen. Dagegen seine Begegnung mit einem hochqualifizierten Medizinprofessor, einer Koryphäe auf seinem Gebiet. Der bekannte freimütig, sich bewusst zu sein: Alle meine Fähigkeiten reichen zum Gelingen einer Operation nicht aus ohne den Beistand Gottes. "Wir wollen ihn als den Großen und Allmächtigen erkennen!"
Der Apostel zitierte aus dem Buch Sirach: "Alle Weisheit kommt von Gott dem Herrn und ist bei ihm in Ewigkeit." (Sir 1. 1). Er hat die Weisheit geschaffen. Sie ist sein Geschenk. Auch die, dass wir sehen können, was Gott für uns in unserem Leben tut. Er schenkt uns die Sakramente: Das Heilige Abendmahl, die Heilige Wassertaufe und die Heilige Versiegelung. Die wir in diesem Gottesdienst alle drei erleben dürfen. Zur Feier des Heiligen Abendmahls überleitend hieß es dann, dass es allein seine Entscheidung ist, wem Gott gnädig ist, wessen er sich erbarmt. Wenn er uns gnädig ist, uns unsere Sünden erlässt, dann ist das aber auch mit der Mahnung verbunden, sich zu ändern, das Böse zu bekämpfen und Jesus ähnlich zu werden.
Vier Kindern, die auf den Armen ihrer Mütter oder Väter an den Altar kamen, sollten das Sakrament der Heiligen Versiegelung gespendet werden und einem von ihnen zuvor auch das der Heiligen Wassertaufe. "Herzlich willkommen!", wurden sie vom Apostel begrüßt. Er wies darauf hin, dass die Eltern Grund zur Dankbarkeit Gott gegenüber haben für dieses Geschenk, ein Kind. Auch wenn die biologischen Zusammenhänge mit dem Verstand erklärbar sind, bleibt jedes Kind eine Gabe Gottes. "Gott hat euch dazu ausersehen, Eltern zu sein." Womit auch eine Verpflichtung verbunden ist. Dem Kind Geborgenheit vermitteln. Die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass es seine eigene Persönlichkeit entwickeln kann. Und die Möglichkeit, Gott zu erfahren und das eigene Leben als Christ nach ihm auszurichten. Dabei werden sich Eltern immer wieder fragen müssen, was die richtige Entscheidung für ihr Kind ist. Dann im Gebet Gott um die richtigen Gedanken bitten. Sich ihm anvertrauen und sich auf ihn verlassen.
Eine Änderung im Bezirk Tübingen stand an: Walter Seidt, Gemeindevorsteher in Ammerbuch-Pfäffingen, trat in den Ruhestand und sein Nachfolger Victor Bauer wurde beauftragt. Seidt war 36 Jahre lang Amtsträger in der Neuapostolischen Kirche tätig gewesen, davon 25 mit dem Auftrag als Vorsteher einer Gemeinde, zuletzt Ammerbuch-Pfäffingen. Sein Bezirksvorsteher hatte ihn in einem an den Apostel gerichteten Schreiben als "Seelsorger mit ganzem Herzen" gewürdigt. Der seine Aufgaben mit Liebe gewissenhaft und mit heiligem Ernst erfüllt hat, so der Apostel. Dabei jederzeit mit viel Verständnis für Jung und Alt. Da wird auch nicht nur Freude dabei gewesen sein, sondern auch viel Sorge für und um die ihm Anvertrauten. Dafür gab es ein "ganz herzliches Danke" und einen Blumenstrauß von "seiner" Gemeinde. "Viel Segen für Sie und Ihre Familie, die sie unterstützt hat. Sie bleiben auch im Ruhestand in der Mitte der Gemeinde.", war sich der Apostel sicher.
"Ich freue mich für die Gemeinde Ammerbuch-Pfäffingen.", sagte er zu Priester Bauer aus Rottenburg, dem Nachfolger im Amt des Vorstehers. "Sie haben `ja` zu einem besonderen Auftrag gesagt." Der nicht allein erfüllt werden muss, sondern mit Gott als Werkzeug in seiner Hand. Nein, ein Vorsteher muss nicht alles allein entscheiden. Er kann dem lieben Gott dabei auch mal eine Chance lassen, hieß es vom Apostel schmunzelnd aus eigener Erfahrung. Er riet, an die neue Aufgabe sicherlich sorgsam, aber auch mit Gelassenheit heranzugehen.
Nach dem Gottesdienst war es dem Apostel ein großes Bedürfnis, auf eins besonders hinzuweisen und allen mit auf den Heimweg zu geben: "Für Gott gibt es keine Wunder. Er - macht`s halt einfach, was wir für Wunder halten. Weil er der Allmächtige ist."
In vier Gäugemeinden – Jettingen, Bondorf, Herrenberg und Gärtringen - fanden weitere Erntedankgottesdienste an diesem Sonntagmorgen statt, zu denen jeweils die Mitglieder einer Nachbargemeinde eingeladen waren. Dazu „sprechen“ die Fotos von den liebevoll geschmückten Altären und Kirchen.