Zum Gottesdienst gekommen waren auch die Glaubensgeschwister aus Öschelbronn.
"Anbetend deine Macht und Größe, versinkt in Nichts mein bebend Ich. ..."
(Chorbuch für den neuap. Gottesdienst Nr. 132, Text Johann Philipp Neumann, 1774 - 1849)
hatte, teils ehrfürchtig, teils majestätisch vor dem Gottesdienst der gemischte Chor mit Orgelbegleitung gesungen und so die Besucher aus dem Alltag heraus eingestimmt auf das, was über den hinausgeht und Ewigkeitswert hat.
"Lasst uns aber wahrhaftig sein in der Liebe und wachsen in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist, Christus" (Eph 4, 15). So lautete das Bibelwort am Sonntag zuvor beim Jugendtag der Neuapostolischen Kirche Süddeutschland, Messe Stuttgart, das Bezirksapostel Michael Ehrich dem Gottesdienst dort zugrunde gelegt hatte. Martin Schnaufer war es ein Herzensbedürfnis, ein paar Gedanken daraus im folgenden Wochengottesdienst noch einmal lebendig werden zu lassen. "Und, da die Gemeinde den Gottesdienst mitbringt, wird letzterer nicht identisch sein mit dem am Sonntag zuvor.", so zu Beginn der Apostel. Die Gemeinde ist es, die mit ihren individuellen "Anforderungen" zum Gottesdienst kommt. Da kann es mal aufgrund des zuvor Erlebten an jedweder Freude fehlen. Dann "soll" Gott sie wieder beleben, er "soll" helfen. Er gestaltet den Gottesdienst durch seinen Geist. Das wirkt sich nicht immer und auch nicht immer gleich so aus, wie es vielleicht gewünscht wird. Da hat das eigene Bemühen: "Ich will die Begegnung mit Gott!" eine große Bedeutung. Wenn das da ist, dann gibt es immer wieder auch die Chance, ihn zu erleben.
"Gott ist die Liebe.", ging Schnaufer auf das Textwort ein. Wir sind eine Gemeinschaft, die von Liebe getragen ist. Bruder und Schwester beten für mich. Das betrifft alle. "Gott ist die Liebe." - Und mein Verhalten? Dafür muss ich wissen, was Liebe bedeutet. Das zu beschreiben, was sie ist, was sie tut und was nicht, dazu ist im "Hohelied der Liebe" (1. Kor 13) ab Vers 4 alles einmalig klar und deutlich gesagt. Sie wird immer bleiben. Die Liebe, sie zu leben, das betrifft mich. Sie ist in meine Seele ausgegossen. Ist es so, dass meine Seele die Auswirkungen der Liebe zeigt?
"Und weil die Ungerechtigkeit überhand nehmen wird, wird die Liebe in vielen erkalten" (Mt 24,12), zitierte Schnaufer. Schauen wir in die Welt hinein: Die Erde könnte alle Menschen ernähren und dennoch verhungern jährlich Hunderttausende. Gerecht? Politisches Kalkül, Spekulationen am Rohstoffmarkt und andere von Menschen gemachte Faktoren bewirken Hunger und Elend.
Ungerecht wird es, wenn die Liebe erkaltet. Was wird dann aus einer Gemeinde? Nur wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott.
Was nehmen wir daraus mit in den Alltag? Wahrhaftig sein. Wo Jesus ist, ist Wahrheit und ist Liebe. Wobei Wahrheit ganz schön hart sein und schwer treffen kann. Wer fegt dann die Scherben zusammen? Jesus ist beides. Wahr zu sein in der Liebe ist die Aufgabe für den Alltag. Nicht unmündig sein und/oder sich treiben lassen. Christ zu sein, bedeutet nicht, zur Passivität verurteilt zu sein. Vielmehr ist es die Aufgabe, zu gestalten. Um als Erstling in die himmlische Gemeinschaft einzugehen. Aus Jesus` Wahrhaftigkeit in der Liebe lernen. Das ernst meinen drückt sich nicht in schönen Worten aus. Sondern darin, etwas zu tun. Es gibt kein Rezept dafür, wie Nächstenliebe zu leben ist. Aber lass dich nicht einfach nur treiben.
Was heißt das konkret, in Liebe zu agieren und zu reagieren? Jesus als Vorbild mit in den eigenen Alltag nehmen. Wie kann ich damit meinem Nächsten begegnen, davon das eigene Tun leiten lassen. Gelingt mir das, habe ich selbst die größte Freude. Freue ich mich darauf, dass Jesus wiederkommt, treibt mich das an?
Nächstenliebe bedeutet nicht, einfach nur tolerant zu sein. Sondern vielmehr, zu helfen und Brücken zu bauen. Liebe macht die Praxis unseres Zusammenlebens in der Zukunft aus. Diese sich in der Freude auf das, was kommen wird, schon heute erarbeiten. "Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in ihm."
Benjamin Dröws, Diakon in der Gemeinde Nufringen und Jugendleiter, hatte am Sonntag auch am Gottesdienst in Stuttgart teilgenommen. Ebenso wie Hirte Arndt Bayer, Gemeindevorsteher in Tübingen. Beide trugen zum Gottesdienst in Jettingen bei.
Ersterer "beklagte" sich erst mal. Er sei eigentlich gekommen, um ein paar Fotos zu machen. (Was er auch tat, dafür sei ihm an dieser Stelle schon mal gedankt.) Ihm war besonders ein Bild vom Jugendtag in Erinnerung geblieben, das Jugendliche vor dem Gottesdienst in Form einer Brücke dargestellt hatten. Dabei wurde ein Satz in Buchstaben gezeigt: Lasst immer eine Brücke entstehen! Brücken gibt es immer noch nicht genug. Wie oft sind wir schadenfroh, lästern über andere und haben unsere Freude an deren Unglück. Brücken bauen geht anders. Im Foyer der Jettinger Kirche steht eine Bank aus Holz. In deren Rückenlehne sind Buchstaben geschnitzt: Mit Liebe ans Werk. "Dann entstehen auch Brücken!"
Arndt Bayer nahm Bezug auf eine Berufskrankheit bei Lehrern: Korrigiereritis. Davor solle man sich hüten, mahnte er sich zu Beginn selbst. So habe er beim ersten Blick auf den Altar beim Jugendtag die Schrift darauf kritisch beäugt: "Gott ist die Liebe ..." Wieso kein Ausrufungszeichen am Ende des Satzes? So die erste Reaktion. Aber hätte das da gestanden, wäre es ein Statement gewesen und damit gut. Fall erledigt. Mit den Pünktchen, da stellt sich die Frage, was folgt aus der Erkenntnis. Wenn Gott mich liebt, will ich ihn auch lieben? Mit meinem Nächsten so umgehen, wie Gott mich liebt? Er ist nicht der "Joker" für mein Leben. Er, der die Liebe ist, hat Konsequenzen für mich. Ich bete bewusst zu ihm. Ich heilige ihn, indem ich mich an einem Sonntag mal ganz bewusst mit meinem persönlichen Seelenleben befasse. Kann mich überwinden, einem Menschen, der mich grimmig anschaut, ein Lächeln zu schenken. Nur wenige Beispiele dafür, wodurch die Pünktchen konkretisiert werden können.
"Gott ist die Liebe - er hat seinen Sohn für uns geopfert. Deshalb, lasst es keine Floskel sein, wenn zur Feier des Heiligen Abendmahls die Worte gesprochen werden: `Tut es zu meinem Gedächtnis. `", mahnte der Apostel, als er zum Höhepunkt des Gottesdienstes überleitete.
"Alles Gute, schön war es in Jettingen.", so hieß es vom Altar bei der Verabschiedung nach dem Gottesdienst.