Viele Köche verderben den Brei? ... Oder er wird besonders gut.
Im konkreten Fall waren es drei "Köchinnen" und ein "Koch": Julia Fuchs, Friederike Huber, Daniela Wendler und Beat Lemke, so die Namen der Dirigenten und Initiatoren eines Gemeinschaftswerks von jugendlichen Sängern aus den Bezirken Albstadt, Tübingen, Tuttlingen und Villingen-Schwenningen. Zutaten? Man nehme die gute Idee, viele Noten und Texte, 75 stimmbegabte und probenwillige Jugendliche, drei Pianisten - Jan-Thilo Bayer, Henrik Lemke und Hasret Ayhan, zwei Moderatoren, Cathrin und Felix, und, ganz wichtig, einen guten, durch nichts zu erschütternden Organisator: Pascal Stumpp. Dazu zwei Probentage und ein (sonniges) Übungswochenende am Bodensee. Über allem göttlichen Schutz und Segen, dann ergibt das ein super Konzertwochenende mit Aufführungen am Samstagabend in Villingen-Schwenningen und am Sonntagabend in Tübingen.
Bezirksvorsteher machen sich immer Sorgen, das gehört einfach zu ihrem Amt dazu. So auch im Vorfeld der Veranstaltung der Tübinger Bezirksälteste, Klaus von Bank: Termin an einem Sonntagabend, am Ende eines langen Wochenendes aufgrund des vorhergehenden Feiertags Christi Himmelfahrt, dazu (richtig) prognostizierte 32 Grad Außentemperatur und dann ins Konzert gehen? Rund 350 BesucherInnen ließen sich durch solche Äußerlichkeiten nicht abschrecken und sorgten für eine (fast) volle Kirche.
Nachdem die Musizierenden mit "Freedom is coming..." die kurz vor Konzertbeginn eingetretene feierliche Stille singend und dazu mit den Fingern schnipsend bei ihrem Einlaufen in den Saal weggefegt und alle ihre Plätze auf der Bühne eingenommen hatten, trat der Bezirksälteste ans Mikrofon, von diesem furiosen Auftakt sichtlich beeindruckt. "Herzlich willkommen!", hieß es. "So etwas wie heute Abend", womit er den gerade erlebten Einzug der Jugendlichen ins Kirchenschiff meinte, "hat dieses Gebäude in den rund 85 Jahren seines Bestehens noch nicht erlebt. Wurde aber auch Zeit, dieser Genuss beim Anblick so vieler fröhlicher junger Menschen." Jugendliche sollen freudig ihren Platz in der Welt einnehmen können. Und dabei Frieden ganz konkret leben. In der Schule, am Arbeitsplatz, in der Kirche, jeder da, wo er ist. Und dabei, trotz des Bösen, das in der Welt regieren will, Gutes tun. Den Anderen achten und ehren. Segen und Freude bewirken, so Klaus von Bank weiter. "Nun wünsche ich allen einen wunderschönen Abend!", hieß es, bevor der Bezirksvorsteher ein kurzes Gebet sprach.
Dann übernahmen die Moderatoren das Mikrofon: "Wir - Chor und Dirigenten - haben unter dem Motto "We are the world" Stücke aus aller Welt, in englischer Sprache, zusammengestellt und wollen heute Abend die Vielfalt und Größe, aber auch die Schönheit der Schöpfung besingen. Dabei schwingt auch der Gedanke für mehr Gleichberechtigung, Freiheit und Frieden mit. All dies soll zur Ehre und zum Lob Gottes geschehen."
Im Folgenden wurden die einzelnen Stücke zwischen den Liedvorträgen angekündigt. Jeweils drei ließen sich unter einem Motto zusammenfassen. Deren Inhalt, ins Deutsche übersetzt, trugen die beiden Moderatoren, einander abwechselnd, auszugsweise vor. Im Hintergrund wurde dazu Klavier gespielt, wobei sich die drei Pianisten ebenso wie bei der Begleitung des Chorgesangs abwechselten.
"Look at the world" - Schau auf die Welt und staune jeden Tag..."He is exalted/Great is the Lord" - Lob sei Dir, Herr, für deine Schöpfung. Dir, von dem alle guten Gaben kommen. Danach Gott als Hüter und Beschützer. Es ging um die Engel, die immer über den Menschen wachen und ihn vor Unglück bewahren - "Angels watching over me". Jesus, der gute Freund, wurde besungen - "What a friend we have in Jesus"/"Shine Jesus shine". Es folgte ein Stück aus dem südafrikanischen Gesangbuch "Make me a channel of your peace". Der Text basiert auf einem Gebet des heiligen Franz von Assisi. Es enthält die Bitte, ein Werkzeug des Friedens sein zu können: Dem Hass Liebe entgegensetzen, glauben statt zweifeln, andere mehr trösten als selbst Trost erwarten, mehr verstehen als verstanden werden. Die Gnade verspüren: Weil wir sterben, sind wir zum ewigen Leben geboren. Streben nach Gleichheit, Freiheit und Frieden drückte Martin Luther King aus, der von seinem Traum sprach "I have a dream." Das Lied mit diesem Titel gab es zu hören. Vertrauen in Gott haben dürfen, wenn das eigene Können unzulänglich ist: "Lean on me". Andächtige Ehrfurcht klang an in "Majesty", Gottes Wort als Licht auf dem Weg - "Thy word is a lamp" (auch aus dem südafrikanischen Gesangbuch) und Hilfe durch Bruder und Schwester bekommen: "Oh my lovin brother" folgten.
Danach der krönende Abschluss eines Konzerts mit dem Stück, das dem Konzert seinen Titel gab. Das Konzert, das, so die Moderatorin, die Großartigkeit der Schöpfung und unsere Verantwortung füreinander zeigen sollte. "Der Abend möge uns Mut machen; aufzeigen, dass die Welt uns braucht und dass wir einander brauchen." "We are the world" entstand vor dem Hintergrund eines Musikprojekts überwiegend farbiger Musiker in den USA, mit dem Geld für die Opfer einer Hungersnot in Äthiopien (1984/85) gesammelt wurde. Quincy Jones produzierte das von Michael Jackson und Lionel Richie geschriebene Lied.
Während des Konzerts hatte es reichlich Zwischenapplaus gegeben. Nichts im Vergleich zu dem Beifallsturm, der jetzt ausbrach. Die Zugabe musste noch etwas warten. "So isch Jugend", das war die von Englisch und Hochdeutsch befreite zufriedene Feststellung des Moderators, bevor Präsente verteilt wurden. An vier Dirigenten, drei "wunderbare Klavierspieler", wie gesagt wurde, und an den Organisator, ohne den das alles nicht hätte sein können. Das letzte Konzert sei dieses gewesen, hieß es. Das war der Moment, in dem es den Bezirksältesten, programmwidrig, doch noch einmal ans Mikrofon trieb. "Sonst verreißt es mich", sagte er. Woran niemand Interesse haben konnte. Seine ausdrückliche Bitte: Das war das vorerst letzte Konzert, für dieses Wochenende, ansonsten solle es der Auftakt für weitere gewesen sein. Womit er allen aus der Seele sprach. Nun folgte die Zugabe "My life is in you Lord".
Es war der Wunsch von Friederike (Huber) gewesen, dass jeder in der kommenden Woche noch eine kleine Erinnerung an das gemeinsame Schaffen und Erleben haben sollte. Also wurden an die SängerInnen Rosen verteilt, bevor sie, vom klatschenden Publikum akustisch begleitet, im Gänse-Eil-Marsch, fußstampfend und immer weiter singend die Bühne verließen. Hinaus ins Freie und hinein in den warmen Sommerabend draußen.
Eine sehr zufriedene Dirigentin (Friederike) stellte resümierend fest, Vorarbeiten, Proben, Aufführungen, "es hat tierisch viel Spaß gemacht." Und der sollte noch nicht ganz vorbei sein. Sie hatte Plätze für die SängerInnen in einer am Neckar gelegenen Brauereigaststätte für den gemeinsamen Abschluss des Abends reservieren lassen.