Eine Besucherwelle strömte in die Nagolder Stadtkirche zum Benefizkonzert des Sinfonieorchesters der Neuapostolischen Kirche Freiburg/Tübingen. Alle Bestuhlungsreserven mussten herangeschafft werden.
Nachfolgend der Bericht des Schwarzwälder Boten aus der Feder von Frau Maria Kosowska-Németh Seitdem die Nagolder Neuapostolische Kirche vor einem Monat in die Arbeitsgemeinschaft Christliche Kirchen als Gastmitglied aufgenommen wurde (bis dahin hatte sie Beobachter-Status), betont sie ihre Präsenz auch auf der regionalen Musikebene, zuletzt mit der Teilnahme an der Nagolder Orgelwallfahrt und nun mit dem großen Konzert zugunsten der Stadtkirchenorgel. Musik als Ausdruck der interkonfessionellen Verbundenheit Musik als Verständigungsplattform, als Ausdruck der interkonfessionellen Verbundenheit – was für ein Zeitimperativ, was für eine Zukunftsperspektive! Über die gesellschaftliche Akzeptanz des Brückenbauens sagten die Anzahl der Konzertbesucher und der spätere Beifall im Stehen mehr aus als ein manch weiser Diskurs auf theologischer oder gar politischer Ebene. In der ersten Linie galt jedoch der Applaus den Ausführenden – dem etwa 60-köpfigen Orchester mit dem Dirigenten Roland Wintzen und den Solisten Gregor Pfisterer (Cello) und Jan-Thilo Bayer (Orgel). Abgesehen von vier Profi-Aushilfen besteht der symphonische Klangkörper aus Laieninstrumentalisten, die jährlich ein bis zwei Konzertprojekte in langen Wochenendproben erarbeiten. In dem aktuellen, über zweistündigen Programm befanden sich ausschließlich Werke von Welt, darunter die 2. Symphonie D-Dur von Johannes Brahms. Mit viel Engagement, mitgerissen von der Freude am Musizieren, gaben die NAK-Sinfoniker sowohl die dramatische Ladung der Musik als auch ihre vielschichtige Struktur wieder, wobei der 3. Satz ein echtes Glanzlicht darstellte, dem auch das technisch heikle Finale von rustikaler Robustheit keineswegs nachstand. Insgesamt präsentierten die Instrumentalisten und ihr Dirigent ein heiter fließendes und farbenfrohes, mitunter auch hoch emotionelles Klangbild von beachtlicher Qualität. Auffallend deutlich zeichnete sich das vertrauensvolle Verhältnis zwischen dem Leiter Wintzen, dem Orchester und dem Cellisten Pfisterer in "Kol Nidrei", dem elegisch gesättigten Werk von Max Bruch, in dem das Cello einen eigenen dynamischen Freiraum bekam. Feines Vibrato bis in die hohen Lagen zierte die ergreifend klingende Gebetsklage, die abgrundtief traurig und innig gesungene Melodik warf einen düsteren Schatten auf den Totensonntag. Gegen diese Tristesse lehnten sich die strahlend-erhabene Orgelklänge der Sinfonie Nr. 1 des französischen Romantikers Félix-Alexandre Guilmant auf. In reichen Klangkombinationen führte Bayer den musikalischen Dialog mit dem Orchester, die einzelnen Instrumentengruppen (Bravo Streicher und Holzbläser!) reagierten kraftstrotzend auf jedes Zuspiel der Orgel, die Blechbläser imitierten erfolgreich ihre mächtig-silberne Klangfarbe. Es war zu hören, dass der Organist die Vorzüge des wiederbelebten Instruments im virtuosen Stil auskostete und auch dass ihm die reibungslose Zusammenarbeit mit den Sinfonikern viel musikalische Freude bereitete. Im Fokus der geselligen Gespräche bei Orgelsekt in der Pause und nach dem Konzert standen Konzerteindrücke und Dankesworte für den Einsatz zugunsten der so wunderbar klingenden Orgel.
Fotos von Klausjürgen Zahn